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Martin Ebers

"Das halbe Bild"

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Gewalthaltige Computerspiele

2.3 Die Frage nach der Ethik der Journalisten

Wer mit zwanzig kein Sozialist hat, hat kein Herz.
Wer mit vierzig kein Sozialist ist, hat keinen Verstand.

(Martin Ebers, angesichts dieser kleinen Wahrheiten)

"Dutschke Staatsfeind Nummer 1"
("Bild"-Schlagzeile, 1968; Rudi Dutschke (1940-1979) war Mitte bis Ende der 1960er Jahre einer der wichtigsten Vertreter der "außerparlamentarischen Opposition", die gegen Beschlüsse der damaligen großen Koalition auftrat, etwa gegen den Vietnamkrieg und die sogenannten "Notstandsgesetze" demonstrierte, die Einschränkungen der Grundrechte möglich machten. Insbesondere von der konservativen Journaille wurden die Studenten als unter anderem als Agenten des Kommunismus denunziert und teilweise kaum verhohlen zur Gewalt gegen sie aufgerufen. Dutschke wurde am 11.April 1968 von dem Hilfsarbeiter Josef Bachmann angeschossen und schwer verletzt. Viele Linke vermuteten, daß die Agitation der "Bild"-Zeitung ihren Teil dazu beigetragen hatte. Dutschke verstarb 11 Jahre später an den Spätfolgen des Attentats.)

2.3.1 Versuch einer Einleitung

Andererseits ist es auch ein interessantes Phänomen der Selbstbezüglichkeit, daß Medienmacher einerseits mit Thesen argumentieren, wie sie Medienkritiker wie Neil Postman aufgestellt haben, um andere Medien und deren Konsum zu brandmarken, sich andererseits aber gerade jener Techniken bedienen, die Postman kritisierte. Aber auch er hatte mit Stereotypen gearbeitet (vgl. Vitouch 2007, S.97f. und 102). Letztlich geht es bei ihnen also nicht um die Kritik einer Methode [...].

2.3.1.1 Neutralität?

Vermutlich sollte man nicht die Vorstellung pflegen, die Journaille berichte objektiv. Sondern vielmehr werden Berichte natürlich mit einer entsprechenden dahinterstehenden politischen Haltung produziert. An mir selbst stellte ich bisweilen fest, daß mich Berichte zu Themen, mit denen ich mich zuvor nicht beschäftigt hatte, in meiner Meinungsbildung zu diesen Themen tatsächlich beeinflußten. Anekdotisch möchte ich auch von meinem Deutsch-Leistungskurs berichten, in dem uns anläßlich einer Reihe über Medien von unserem anscheinend medienkritischen Lehrer primär die Meinungen von Medienkritikern wie Neil Postman vorgelegt wurden. Bei der Analyse von Fernsehsendungen konnte der Kurs, in dem sich niemand zuvor mit Dingen wie Medienkritik oder Wissenschaftstheorie beschäftigt hatte, natürlich nur Bestätigungen für Postmans Thesen, nicht aber Gegenbeweise. Denn die Gegenthesen waren niemandem bekannt. Die Folge ist ein nachgerade "pornographischer Blick", der alle Eigenschaften und Merkmale von Medien schließlich im Sinne der Medienkritik als ursächlich für die Vernichtung gesellschaftlicher Moral interpretiert.

Von diesem Quellenauswahleffekt sind wissenschaftliche Auseinandersetzungen betroffen. Wobei Renate Schepker, was die Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Mediengewalt und dem Ausüben realer Gewalt zwar vor allem Selektionseffekte bzw. die Interpretation des Gesehenen durch den Konsumenten sieht, Amokläufe vermeintlich "aggressiver Computerspieler" vielmehr ihren psychischen Problemen, der sozialen Isolation und Verzweiflung zuschreibt, und sich auch gegen "Law-and-Order"-Tendenzen in der deutschen Rechtspraxis ausspricht, bezieht sie sich an einer Stelle bewußt auf eine häufig wiederholte und ebenso falsche Behauptung von [Centerwall], infolge und durch die Einführung des Fernsehens sei es zu einer Verdopplung der Mordrate gekommen und dabei habe insbesondere eine [Abstumpfung] eine Rolle gespielt (vgl. Schepker 2008, S.2). Tina Malti baute ihren kurzen Exkurs über die Wirkungen von Gewaltdarstellungen in den Medien gar vorwiegend auf die Argumentationen von Medienkritikern auf, diese bauten die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung ab [Grossman], führten zu Lustgefühlen bei Grausamkeiten, zu Rechtsradikalismus [Weiß] und seien ursächlich für Gewalttaten bis hin zu Morden, die durch diese Medien suggeriert würden [Bandura] (vgl. Malti 2003, S.28f.). Während ja viele dieser vermeintlich eindeutigen Ergebnisse gar nicht so sicher sind (vgl. II.). Dieser Effekt dürfte allerdings durchaus häufig sein: Auch anderen Menschen ist es offenbar so gegangen, ansonsten hätten sich wohl zum Beispiel im "Frontal 21"-Chat nicht derart viele Computerspielegegner eingefunden, um mittels ihrer gerade neu gefundenen Meinung zu hausieren. Die Intention, Menschen eine bestimmte Haltung einzuimpfen, hatte also verfangen.

Wenn man andererseits aber solche Berichte mit ein wenig Hintergrundwissen ansieht und dabei teilweise eklatante Fehler feststellt, die im Rahmen der Meinungsmache offenbar bewußt gemacht wurden oder zumindest genehm sind, erwachsen erhebliche Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der anderen Berichte. Fernsehmagazine, die auf solche perfide Art vorgehen, beschädigen sich also letztlich selbst und auch die möglicherweise tatsächlich wichtigen Anliegen, mit denen sie sich auseinandersetzen, in ihrer Glaubwürdigkeit.

2.3.1.2 Diffamierung der Gegner

Diese Arbeit führt letztlich zu einem sehr unguten Verständnis von Willensbildung und -durchsetzung. Nicht das Argument oder die Auseinandersetzung zählt, sondern man ist bestrebt, seine eigene Meinung, die nicht zwingend wissenschaftlich - oder am Ende sogar: moralisch - haltbar ist, auch ohne Argumente durchzudrücken. Dies folgt insbesondere zwei einfachen Grundregeln:

(1) So hat am meisten Recht, wer am lautesten schreit bzw. am meisten in den Medien vertreten ist und Menschen erreicht, die bisher kaum Interesse an dem Thema hatten. Während die Sachkundigen ja bereits tiefergehende Einblicke haben und sich eher weniger durch anderslautende Medienberichte beeinflussen lassen, können eigentlich nur Menschen in ihrer Meinung beeinflußt werden, die bisher nur wenig Einblick in die Materie hatten. Den Kritikern der entworfenen Weltbilder stehen kaum im Vergleich ähnlich öffentlichkeitswirksame Wege zur Verfügung, mit denen sie auch die relativ Uninteressierten auf Fehler in der Berichterstattung aufmerksam machen könnten.

(2) Andererseits wird versucht, in den Kritikern eine gewisse Furcht zu erreichen, sich zu äußern, indem all jene, die nicht derselben Meinung sind, als Drogensüchtige oder Neonazis - Gruppen, denen man indes ja ohnehin nichts glaubt - (siehe 2.2; http://www.heise.de/newsticker/meldung/98718, abgerufen am 07.11.2007), oder als "Wirtschaftskraftzersetzer" dargestellt werden (Theo Koll in "Frontal 21": "Wer dagegen ist, gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland") , oder auf eine Stufe mit Kinderschändern (vgl. "Beckstein angezeigt"; "PC-Action-Leser stellt Strafanzeige gegen Beckstein", abgerufen am 08.05.2008) oder Terroristen (vgl. http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/756/125567/, abgerufen am 30.08.2007; vgl. BMI 2006, S.147) gestellt werden.

Auf diese Weise wird die "Deutungshoheit" letztlich sichergestellt. So wird auch "moralischer Druck" auf die Politik ausgeübt, im Sinne der "vierten Gewalt" zu entscheiden. Das Verhältnis zur Politik beruht dabei durchaus wieder auf Gegenseitigkeit: Ebenso wie natürlich die Politiker interviewt bzw. die Aussagen von Politikern gebraucht werden, die der eigenen Argumentation zupasse kommen, gebrauchen insbesondere Reflexpolitiker doch genauso die Medien, um ihre abstrusen Weltbilder in die Köpfe ihrer Zuschauer zu pflanzen.

2.3.1.3 Großtaten "journalistischer und politischer Arbeit"

Allerdings sind Computerspieler dabei längst nicht die einzige Gruppe, die im Rahmen von Fernsehmagazinen in der letzten Zeit auf nicht gerade ehrenwerte Art angegriffen wurden. Es gibt auch einige historische Fälle, so gegenüber anderen Medien (siehe 2.1.1) oder auch gegenüber bestimmten - auch nur durch schwach definierte Eigenschaft definierten - Gruppen, deren vermeintlich böses Tun auf einmal als Ursache aller gesellschaftlichen Probleme "erkannt" wurde. So konnte es sein, daß in der Vergangenheit Zeitungen angesichts von Funden von Kinderleichen verbreiteten, daß mit Sicherheit Mitglieder einer bestimmten religiösen Minderheit für die Tat verantwortlich seien. Als sich später dann herausstellte, daß etwa die psychisch kranke Mutter ihr Kind erwürgt hatte, waren zumindest einige Mitglieder dieser religiösen Minderheit bereits zusammengeschlagen (vgl. ).


2.3.1.4 Qualität der Recherche

Anekdoten, bei denen Angaben, die aus irgendeiner Quelle kommen, einfach ungeprüft übernommen werden und sich dann verselbständigen, sind in den vorherigen Abschnitten auch schon angeführt worden, so etwa die immer wiederholte These, das US-Militär benutze Egoshooter explizit zur Abstumpfung seiner Rekruten. Eine neuere Anekdote, bei der der Produzent allerdings die Fabrikation zugegeben hat, bezieht sich auf die Ernennung des zumindest bis zu seiner Ernennung vom CSU-Generalsekretär weitgehend unbekannten Karl-Theodor zu Guttenberg zum deutschen Wirtschaftsminister. Dieser Mann hat sehr viele Vornamen (vgl. Wikipedia: Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, abgerufen am 10.02.2009, inzwischen korrigierte Version). Ein Scherzbold hatte seiner eigenen Angabe nach einen weiteren Vornamen „Wilhelm“ in den Wikipedia-Artikel zu seiner Person eingefügt, um zu überprüfen, wie schnell die Ergänzung korrigiert würde. Währenddessen hatten anscheinend aber auch viele Journalisten, die den Aspiranten ebensowenig kannten wie der Durchschnittsbürger, auf diese Seite zugegriffen. Kurze Zeit später erschien denn auch in verschiedenen Blättern unter der Angabe seines vollständigen Namens auch die Ergänzung. Da aber manche Journalisten es mit der Angabe ihrer Quelle nicht so genau zu nehmen bzw. viel mit „copy and paste“ arbeiten sollen, sei der zusätzliche Vorname niemandem aufgefallen, und werden „Spiegel Online“ und die „Süddeutsche Zeitung“, die die Falschangabe nicht nur ungeprüft veröffentlicht, sondern auch angegeben hatten, er selbst stelle sich – mit dem falschen Vornamen „Wilhelm“ vor. Der Wikipedia-Artikel sträubte sich entsprechend danach zunächst gegen Korrekturen, weil Nutzer als Beweis für die Richtigkeit des Vornamens „Wilhelm“ ja „Spiegel Online“ und die „Süddeutsche Zeitung“ angeben konnten, die ja ein gewisses Image von Qualität und guter Recherche haben... (vgl. Bildblog: "Wie ich Freiherr von Guttenberg zu Wilhelm machte", abgerufen am 10.02.2009). So haben die Medien schließlich eine (wenn hier auch kleine) eigene Wirklichkeit geschaffen.


2.3.1.5 Schaffung kontrafaktischer Wirklichkeiten mittels „Hausverstand“

1. Einschätzungen über die „subjektive Wahrscheinlichkeit“

In einem exakten wissenschaftlichen Kontext wird es als problematisch angesehen, Begrifflichkeiten zu gebrauchen, die zu einem falschen Verständnis von Dingen und ihren Verhältnissen zueinander führen (). Dazu gehören dann auch Aussagen, die mit subjektiven Einschätzungen von Wahrscheinlichkeiten oder Anteilen spielen, etwa indem zwar eine Relation gezogen, nicht aber ein konkreter Prozentanteil genannt wird. Es ist allerdings bekannt, daß subjektive Einschätzungen von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen können. Hierzu möchte ich ein Beispiel geben:

So las ich neulich im Videotext eine Schlagzeile „Ärzte für Sterbehilfe“, und schloß daraus mit meinem „Hausverstand“, daß eine entsprechende Umfrage erbracht haben mußte, daß eine Mehrheit der Ärzte sich dafür ausgesprochen hätte, in bestimmten Fällen das Leben von Patienten zu beenden. Tatsächlich aber hatten zwar 40 Prozent der Mediziner erklärt, sie würden Patienten beim Selbstmord helfen, aber nur 16.4 Prozent hatten sich für aktive Sterbehilfe ausgesprochen. Dies sei ein „überraschend“ großer Anteil (vgl. "Umfrage: überraschend viele Ärzte für Sterbehilfe", abgerufen am 20.02.2009), obwohl von meiner Interpretation der Schlagzeile her dieser Anteil eigentlich „überraschend“ niedrig ist.

Die Studie mag durchaus mit einer bestimmten Intention dargestellt worden sein: Von der veröffentlichenden deutschen Hospizstiftung wurden jene Ärzte dann auch als „wenig sattelfest sowohl in ethischen als auch medizinischen Fragen“ bezeichnet. Von daher mußte das Umfrageergebnis natürlich „überraschend“ hoch sein, und wurde gleichzeitig Menschen, die Anderes erwartet haben, aufgezeigt, welche Einschätzung die „moralisch richtige“ zu sein hatte. Anscheinend widerspricht diese Einschätzung aber den Vorstellungen eines gewissen Anteils von Ärzten, der nicht mehr als „kleine Minderheit“ zu bezeichnen ist, und damit womöglich auch der Bevölkerung.

[Man kann natürlich auch über die „Moral zur Sterbehilfe“ diskutieren. Gerne bringen die Gegner der Sterbehilfe ja auch absolute „Keulen“, indem sie diese in die Nähe der „Euthanasie“-Aktionen des NS-Regimes (vgl. Wikipedia: Euthanasie, abgerufen am 20.02.2009) einordnen, und sind auch schnell mit Fällen bei der Hand, in denen Menschen gegen ihren Willen getötet wurden, etwa damit deren Familien, die auf die Schnelle keinen Kurzzeitpflegeplatz für den krebskranken Großvater gefunden haben, „unbesorgt“ in den Urlaub fahren konnten (). Tatsächlich aber sind das in jedem Falle zu verurteilende Auswüchse. Diese gehen allerdings zum Teil darauf zurück, daß man sich jahrzehntelang geweigert hatte, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Möglichkeit der Sterbehilfe auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Auch hatte es vor Gesetzgebungen zur „Sterbehilfe“ Fälle gegeben, in denen Ärzte eigenmächtig .

Eine weitere Frage, die hier eine Rolle spielt, ist die nach der Menschenwürde. So bringen die Befürworter der Sterbehilfe häufig die Argumentation an, daß Menschen nicht in „menschenunwürdigen Zuständen“ dahinvegetieren sollten. Der Medizinethiker Giovanni Maio, ein Kritiker der Sterbehilfe, drehte den Begriff den Befürwortern aber im Munde um, indem sie etwa behaupten, damit sei gemeint, daß sie Menschen, die unter solchen Umständen lebten, ihre Würde absprächen (vgl. dazu „Kulturfragen: Humanes Sterben, aber wie?“, DLF, 15.02.2009). Dieses Argument ist allerdings ein „Strohmann“. „Würde“ ist auch unmittelbar auf die persönliche Lebensqualiltät bezogen: So können beispielsweise die Zustände in einem Kinderheim oder einem Gefängnis als „menschenunwürdig“ beurteilt werden. Allerdings wird niemand auf die Idee kommen, damit meinte jemand, daß diejenigen, die unter diesen Bedingungen leben müssen, dies etwa verdient hätten. Sondern die Beurteilung kommt ja immer daher, daß man davon ausgeht, daß Kinder und selbst Verbrecher qua ihres Menschseins bessere Lebensumstände verdient hätten. Auch würde niemand auf die Idee kommen, die Kinder oder Gefängnisinsassen umzubringen, denn schließlich ist es möglich, ihre Lebensumstände zu verbessern.

Was aber, wenn dies nicht mehr getan werden kann?

Walter Jens, der einstmals brillante Rhetoriker, der infolge seiner Demenzerkrankung heute keinen klaren Satz mehr sprechen und das Wasser nicht mehr halten kann, hatte noch zu Zeiten geistiger Klarheit eine Patientenverfügung erlassen, hatte dieses Leben für sich selbst wohl als „würdelos“ angesehen. Dessen Lebensqualität kann man nur noch geringfügig verbessern. Wohlgemerkt heißt das nicht, daß man Pflegebedürftige oder Wachkoma-Patienten, die keine Hoffnung auf ein Erwachen haben, töten sollte. .]


2. „Cum hoc ergo propter hoc“

Auch eine Regel des „Hausverstandes“ ist das „cum hoc ergo propter hoc“ („Mit ihm, also wegen ihm“). Dahinter steht die Vorstellung, daß man einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei Gegebenheiten bereits daraus konstruieren könne, daß diese gemeinsam auftreten. .

Als ein exemplarischer Fall, in dem diese beiden Regeln verwendet wurden, sei ein Bericht aus „Frontal 21“ genannt, in dem der angeblich steigende Konsum von Pornographie durch Jugendliche als Ursache für eine angebliche Steigerung von durch diese kollektiv begangene Vergewaltigungen oder Sexualdelikte im allgemeinen dargestellt wurde. Als Unterfütterung für diese Aussage wurden zusammengefaßte Bruchstücke eines Einzelfalls, in dessen Kontext ein Zeuge gesehen haben wollte, daß die Täter sich auf ihrem Mobiltelefon ein Pornovideo angesehen hätten, und verschiedene wissenschaftliche Studien genannt und Aussagen von Wissenschaftlern gebracht, mit denen versucht wurde, ein für die Argumentation möglichst plausibles Bild zu schaffen.

Bei genauerer Betrachtung geben allerdings diese und auch andere Untersuchungen derartige Aussagen gar nicht her, und erschienen auch die von den Wissenschaftlern abgegebenen Statements mehr oder weniger als persönliche Meinungen und Werthaltungen: So ist die Wahrscheinlichkeit nicht größer, ein Sexualdelikte zu begehen, nachdem man Pornos konsumiert hat. Tatsächlich verringerte sich die Rate der Sexualdelikte insgesamt und auch der von Jugendlichen begangenen Sexualdelikte bei Vorhandensein von Pornos, sogar ganz besonders stark die Rate der Vergewaltigungen durch Gruppen (siehe dazu Abschnitt I.2.2.5).

Im folgenden sollen auch Kritiken an einigen anderen Medienberichten dargestellt werden.

Bestimmte Vertreter der journalistischen Zunft haben sich bekanntermaßen auf spezielle Themen konzentriert, zu denen sie in der öffentlichen Diskussion eine entsprechende Expertise zu reklamieren versuchen. Wie die Macher von „Panorama“ und „Frontal 21“ bereits mehrfach in polemischer Weise über Computerspiele berichtet hatten, äußerten sich die Macher von „Fakt“ bezüglich „Hartz IV“, „Report München“ über Vorhaben zum Klimaschutz und „Kontraste“ über die Verhältnisse in Afghanistan.



2.3.1.6 Wie läßt sich das begründen?

[…] Da äußerte sich um , es sei „nebulös“, welchen Zweck ein Studiengang „Eingebettete Systeme“ habe, und er könne sich vorstellen, daß es sich dabei „um ein spezielles Angebot für akademische Schnarchnasen handeln könnte“ (vgl. "Zuviel zu studieren", abgerufen am 22.05.2009). Zur Aufklärung, handelt es sich dabei um ein Spezialfach aus der Informatik, das sich mit den speziellen Anforderungen an die Entwicklung von Computersystemen beschäftigt, die in gewisse technische Kontexte eingebunden (eben: eingebettet) sind. Beispiele hierfür sind Unterhaltungselektronik, Mobiltelefone und Elektronik in Fahrzeugen. Diese unterscheiden sich von “konventionellen Computern“ etwa dadurch, daß sie auf eine bestimmte Aufgabe ausgerichtet sind, kostengünstig zu produzieren sein und häufig besonders zuverlässig arbeiten sollen (vgl. Marwedel 2006). Während seines Studiums hatte meine Wenigkeit sich damit beschäftigt, und entsprechend empfand ich mich schon leicht angegriffen. Man kann das Ganze freilich als Satire (oder wie der Journalist es nannte, eine Glosse) sehen – oder auch zum Aufhänger eines Versuchs über die Qualfikation von Journalisten machen:

Die meisten Journalisten haben über die journalistische Ausbildung hinaus keine weitere Ausbildung genossen, sind aber von ihrem Berufsbild her dazu angehalten, sich mit einer Vielzahl von komplexen Themen auseinanderzusetzen und diese auch für die Leser, Zuhörer oder Zuschauer begreiflich zu machen. Wer aber vieles wegen der kurzen Zeit nur anreißen und nur halb verstehen kann, zieht eventuell die falschen Schlüsse und/oder läßt sich viel leichter instrumentalisieren, um Botschaften zum Beispiel von Medien- und Klimakritikern zu multiplizieren. Wenn er eben nicht gleich selbst instrumentalisiert, indem er sich, wie es einst Hanns Joachim Friedrichs nannte, „mit einer Sache gemein macht“ (vgl. "Hanns Joachim Friedrichs", abgerufen am 22.05.2009).


2.3.1.7 Verantwortung

Nun berichten Journalisten weiterhin auch nicht nur „für sich“, sondern sie üben mit ihrer Berichterstattung auch einen Einfluß auf die öffentliche Meinung und die Politik aus. Deswegen werden Journalisten auch als die „vierte Gewalt“ im Staate bezeichnet. Ein Beispiel, in dem man sich durch die Berichterstattung unter Druck gesetzt sah, eine Entscheidung umzusetzen, ist die Einführung der umstrittenen „Kinderporno-Sperren“. In der SPD wurde eine Diskussion deswegen abgewürgt, weil sie „medial nicht erwünscht“ sei (vgl. "Unwählbar", abgerufen am 23.06.2009).

Und tatsächlich schlachten Journalisten, die hinsichtlich der "Kinderpornosperren" eine ähnlich dezidierte Meinung haben wie zum Beispiel bezüglich Computerspielen, Kritik an den Zensurplänen gerne aus. In einer "Diskussionsrunde", die am 15.07.2009 in der Reihe "Zur Diskussion" im DLF ausgestrahlt wurde, wurde gleich auf mehrfache Weise die "unbedingte Notwendigkeit" einer Zensurinfrastruktur thematisiert. Zum einen schon durch den Titel "Freiheit oder Anarchie - Was darf das Internet?". Das Netz wird also als rechtsfreier und herrschaftsloser Raum, die Zensur aber als Maßnahme dargestellt, die "Freiheit" schützen soll. Zweitens waren neben einem Mitarbeiter von jugendschutz.net und einem Mitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland dann auch mehrere Strafrechtler geladen, die alle - allenfalls nuanciert - die Meinung vertraten, daß eine derartige Art der Netzzensur richtig und wichtig sei. Drittens durch das Eröffnungszitat: Da spottete die Moderatorin, "(d)ie Community befürchte(.), daß die Sperren gegen Kinderpornographie ausgedehnt werden könnten - auf Seiten, die Haß verbreiten, die andere verunglimpfen und zu Gewalt aufrufen". Diese Argumentation war ein klassischer Strohmann, denn einerseits hatten die Kritiker von Netzsperren nicht bezweifelt, daß fremdenfeindliche Propaganda oder Mordaufrufe schlecht sind. Sie hatten allerdings die Haltung geäußert, daß wenn Inhalte gesetzwidrig seien, diese gefälligst auch gelöscht und nicht durch leicht zu umgehende Maßnahmen nur verdeckt werden sollten -- und verglichen das Gebahren der Zensierer mit einem Buchladen, der inkriminierte Titel weiter ausliegen ließ, nur mit einem Blatt Papier, das den Titel verdeckte, das aber Jeder einfach zur Seite legen konnte. Andererseits wurden aber schon vor der Verabschiedung solcher Gesetze Forderungen von Politikern und Lobbyisten gehört, die Sperren auf andere Inhalte auszudehnen - etwa auf Dienste, die auch zum Austausch urheberrechtlich geschützten Materials dienten, oder auf Seiten, in denen Informationen über gewalthaltige Computerspiele vorgehalten oder auf denen sie zum Kauf angeboten werden. Gerade der "Jugendschutz" führt ja auch zu der paradoxen Situation, daß dadurch, daß Seiten aus Gründen des Jugendschutzes "indiziert", d.h. von Suchmaschinen, die in Deutschland tätig sind, als Suchergebnisse herausgefiltert werden - wenn wir einmal Ursula von der Leyens bizarre Einschätzung über die Kompetenz der Netzbürger anlegen - auch ca. 80 Prozent der erwachsenen Nutzer des Internet vor Inhalten "geschützt" werden, die sich anzusehen nicht illegal ist.

"Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gerne obrigkeitsstaatlich."
(zitiert nach Tichy 2009, S.15)

"Ja, aber wir sperren ja nur Dinge, die wir für unmoralisch und staatsgefährdend halten."
- "Wir machen nichts Anderes. Das beinhaltet in unserem Verständnis allerdings auch Bilder von unzüchtig bekleideten Frauen und Nachrichten, die unserem Weltbild widersprechen."

(Fiktiver Dialogschnipsel zwischen einem CSU-Mann und einem Vertreter des chinesischen oder iranischen Innenministeriums)

Wenn schließlich CSU-Innenpolitiker von den Möglichkeiten schwärmen, die Staaten wie China und Iran bieten, um den Zugang zu Inhalten zu verhindern, und andererseits diese Staaten ihre Internetzensur damit rechtfertigen, daß westliche Staaten ja auch Inhalte filtern und sperren, läuft die Entwicklung in die falsche Richtung. Durch derartige "Diskussionen" wird allerdings dafür gesorgt, daß Menschen, die bisher nur ein geringes Interesse dafür aufgebracht haben, ein falsches Bild erhalten, was die Positionen der politischen Gegner angeht.

Überhaupt, so mußte dann erst der Kabarettist Volker Pispers bemerken, daß Vorstellungen der Demokratie verzerrt dargestellt würden. So sei das Ideal nicht der geführte Diskurs – dieser würde in den Medien so dargestellt, eine Partei sei „zerstritten“ -, sondern die „Einigkeit“, das „an einem Strang ziehen, selbst wenn dieser Einem um den Hals liegt“ (vgl. „Querköpfe: Bis neulich, bis unendlich. Volker Pispers zur Lage der Nation (Teil 2)“, DLF, 17.09.2009).

2.3.2 "Report München" über Klimaschützer

So berichtete das BR-Magazin "Report München" in drei Beiträgen über die angeblichen "bösen Machenschaften der Klimaschützer" bzw. stellte Thesen über die Haltbarkeit der Annahme eines Klimawandels auf.

1. Angebliche "Denkverbote für Klimaforscher"

Am 21.05.2007 behauptete "Report München" (vgl. "Denkverbote für Klimaforscher - Der Weltklimarat und seine unbequemen Kritiker"), der Weltklimarat (IPCC) bestehe bereits von seinem Gründungsauftrag her aus "handverlesenen Autoren", die Panikmache betrieben, um dafür zu sorgen, daß "noch mehr Geld und Macht in die Klimapolitik fließen". Weiterhin, so hieß es, verschleierten die Äußerungen des IPCC die "Suche nach den wahren Ursachen des Klimawandels".

Als Vertreter der "Klimakritiker" wurden dabei u.a. der Statistikprofessor Bjørn Lomborg und der Klimaökonom Richard Tol präsentiert.

a) Bjørn Lomborg

Lomborg meinte, daß nach einer reiflichen statistischen Analyse der Klimadaten nicht viel von dem "Bedrohungsszenario" übrigbleibe. Das wesentliche Argument von Lomborg im Bericht war allerdings, daß der Chef des IPCC seine Kinderstube vergessen habe, als er über ihn und seine Position gesprochen habe.

Allerdings handelt es sich bei Lomborg um eine Persönlichkeit, die schon in der Vergangenheit öfter dafür kritisiert wurde, die Grenzen der wissenschaftlichen Arbeitsweise eher lax auszulegen (vgl. "UCS examines 'The Skeptical Environmentalist' by Bjørn Lomborg", abgerufen am 15.11.2007; vgl. Mahlman 2001, S.6).

(i) Lomborg ist in erster Linie Statistiker und kein Umweltexperte. Der Statistiker Lomborg argumentiert in seinem 2002 auf Deutsch mit dem Titel "Apokalypse No!" erschienen Buch denn auch mit Zahlen: So postuliert er zum Beispiel, daß sich die globale Waldfläche seit 1950 "nur wenig" verändert habe, unterschlägt dabei aber, daß in sehr empfindlichen Regionen die Waldfläche sehr wohl extrem abgenommen hat (vgl. Williams et al. 2001, S.3) und zum anderen die FAO-Studie, auf die er sich bezog, sinnigerweise frisch abgeholzte bzw. nach der Rodung mit anderen Pflanzen besäte Flächen ebenfalls als "Waldgebiete" zählte (vgl. Grefe 2002). Auch bemerkt er zwar, daß zwischen 1915 und 1945 trotz einer Ausweitung der Industrie und damit verbundenen Zunahme der Kohlendioxid-Emissionen bedingt durch eine damalige Abnahme der Sonnenaktivität eine Abkühlung des Klimas auftrat. Allerdings hatte sich gerade die Nordpolarregion, die nur vergleichsweise wenig Sonnenenergie abbekommt, in dieser Zeit erwärmt (vgl. Mahlman 2001, S.2f.). In den letzten Jahrzehnten besteht außerdem kaum noch ein Zusammenhang zwischen Entwicklung der Temperatur und der Entwicklung der Sonneneinstrahlung (vgl. Mahlman 2001, S.5). So hätten, wäre die Sonne allein für die globale Erwärmung verantwortlich, alle Schichten der Atmosphäre sich erwärmen müssen. Tatsächlich war aber für verschiedene Schichten differenzierte Temperaturveränderungen gefunden, die in ihrem Muster dem entsprachen, was von einer Veränderung der Konzentration von Treibhausgasen zu erwarten wäre. Der Rückgang der Sonneneinstrahlung auf der Oberfläche zwischen 1961-1990 wurde von Liepert (2002) für verschiedene Regionen der Welt auf 4-10% geschätzt (vgl. Liepert 2002, S.61). Heute wird der Anteil der Sonne zur globalen Erwärmung auf maximal 30% geschätzt (vgl. Wikipedia: Globale Erwärmung, abgerufen am 18.11.2007).

(ii) Auf der Basis, daß die Anzahl der Todesopfer von Naturkatastrophen gesunken sei, behauptet Lomborg weiter, daß es auch weniger solcher Katastrophen gebe, und berücksichtigt nicht etwa, daß mit der Zeit auch Frühwarnsysteme entstanden und immer weiter verbessert wurden. Er lobt zwar, daß heute Energie immer effizienter ausgenutzt und mehr Material dem Recycling unterzogen wird. Diese seien allerdings nicht Resultat konkreter umweltpolitischer Maßnahmen, da diese grundsätzlich nur schlecht sein könnten, sondern angeblich Ergebnis des Vollzuges "ökonomischer Naturgesetze" (vgl. Grefe 2002). Menschengemachte Luftverschmutzung durch Sulfate stellt einen Faktor dar, der eher das Klima abkühlt (vgl. Wikipedia: Globale Verdunkelung, abgerufen am 18.11.2007). Nun kann man allerdings nicht folgern, daß die Umweltschutzbemühungen, die zum Abbau der Luftverschmutzung geführt haben, ihrerseits negativ gewesen seien, da diese ebenfalls mit saurem Regen und Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Asthma assoziiert ist (vgl. Wikipedia: Globale Erwärmung, abgerufen am 18.11.2007).

(iii) Auch an anderen Stellen argumentiert Lomborg ökonomisch: So argumentiert er etwa mit gewissen Zahlen, was die Kosten zur Verhinderung der globalen Erwärmung angeht, und rechnet so letztlich die Behauptung auf, daß die Verhinderung kaum billiger sei als die Kosten, die "möglicherweise" entstünden (vgl. Lomborg 2001b, S.1f.).

Allerdings vernachlässigt er dabei, daß dies möglicherweise andere Kosten sein mögen. Welche Maßnahmen man auch ergreift: wenn man dadurch verhindern kann, daß Menschen zum Beispiel in wenigen Jahren eine Hungersnot erleiden, sind die Kosten, die man im Rahmen von Maßnahmen zu deren Vermeidung betreibt, doch "bessere" - und, was ihn als Ökonomen eigentlich interessieren müßte, auch "lohnendere" - Kosten als in einigen Jahren Millionen Menschen zusätzlich mit Lebensmitteln versorgen zu müssen (vgl. dazu Mahlman 2001, S.7). Auch kann man aus technischen Gründen wohl weder unbegrenzt Land eindeichen oder Wasser abpumpen, noch ist es ethisch vertretbar, von Entwicklungsländern, die zunächst einmal die Hauptleidtragenden der Klimaveränderungen sind, aufwendige Maßnahmen zum Schutz ihrer Bevölkerung zu finanzieren und zu betreiben, während die industrialisierten Länder weiterhin so handeln können wie bisher. Schließlich zeigen Katastrophen wie der Hurrican Katrina, der im August 2005 insbesondere die Golfküste der USA - am prägnantesten in Erinnerung geblieben ist hier die Stadt New Orleans - verwüstete, dabei Milliardenschäden verursachte und bis zu mehrere tausend Menschen tötete (vgl. Wikipedia: Hurrican Katrina, abgerufen am 01.02.2008), daß selbst industrialisierte Nationen nicht die Möglichkeit haben, Schutzmaßnahmen gegen die Konsequenzen des Klimawandels zu ergreifen. Schließlich kann man diese Argumentation auch umdrehen: So hat ja der Mensch seit Jahrtausenden in vielen Lebensräumen sein Lebensumfeld unabhängig von den Gegebenheiten der Natur gestaltet, etwa auch Deiche gebaut. Aus dieser Sicht wäre es gerade wieder nicht einzusehen, warum der Mensch nun nach Lomborgs Meinung natürlich bedingten Veränderungen, die seine Lebensbedingungen insgesamt verschlechtern könnten, nicht effektiv und möglichst großangelegt etwas entgegenzusetzen versuchen sollte.

Andererseits, so seine Behauptung, sei das Kyoto-Protokoll ineffektiv, da seine Durchführung bis zum Jahr 2100 höchstens eine Verringerung des Treibhauseffektes um 0.2 Grad Celsius bedeute (vgl. Lomborg 2001b, S.1f.). Dies ist zum einen interessant, da Lomborg zunächst ja einen menschlichen Einfluß auf das Klima dementiert hatte, hiermit aber einen solchen Einfluß einräumt. Zum anderen aber dürfte klar sein, daß die vergleichsweise geringen Anforderungen, die in Kyoto gestellt wurden, nur ein allererster und ein Schritt von vielen sein können.

(iv) Was andere Lebewesen auf unserem Planeten angeht, so sieht er deren Rolle ebenfalls lediglich in der Ausbeutung durch den Menschen und in den "Dienstleistungen", die sie für andere Lebewesen erbringen, da es sich bei Leben schlichtweg nicht um ein handelbares Gut handelt. Was die Entwicklung dieser Artenvielfalt angeht, so versucht Lomborg ebenfalls die Warnungen der wissenschaftlichen Gemeinde von einer verstärkten Ausrottung von Arten durch den Menschen vom Tisch zu wischen, indem er insbesondere auf Schriften von Julian Simon rekurriert, dessen diesbezügliche Einschätzungen um mehrere Größenordnungen kleiner waren als die aller anderen Wissenschaftler: So gibt Lomborg die Schätzung ab, in den nächsten 50 Jahren würden 0.7% aller bekannten Tierarten verschwinden, während andere Wissenschaftler auf Basis der gut besicherten Arten-pro-Fläche-Formel (Arten-pro-Fläche-Formel) davon ausgehen, daß zwischen 10 und 40% aller Arten zumindest vom Aussterben bedroht sind. Diese Einschätzung liegt zum Beispiel darin begründet, daß bereits Simon nicht die Dunkelziffer der Arten von Lebewesen, die uns nicht einmal bekannt waren oder die Zahl der "aussterbenden Arten" berücksichtigt hatte, deren Lebensraum und Bestand bereits so schwer geschädigt ist, daß er sich nicht mehr erholen kann, und auch eine konservative Definition einer "ausgestorbenen Art" anwandte, was die Zeitdauer angeht, bis diese offiziell als "ausgestorben" gilt. Auch wertete Lomborg die Einschleppung von Tierarten und die häufig damit verbundene Zerstörung des Lebensraums eingesessener Arten in seiner Bewertung als positiv (vgl. Wilson et al. 2001).

b) Was wurde vom IPCC überhaupt untersucht?

Richard Tol propagierte ansonsten, "Menschen wie [er]", die eine "wissenschaftliche[.] Meinung" hätten, seien vom IPCC konsequent ausgeklammert worden. Auch in der Wortwahl des Berichts selbst war das IPCC denunziert worden, indem etwa die Qualität der Untersuchung mit dem Verweis, das IPCC bestehe aus den "angeblich weltbesten Forscher[n]", in Zweifel gezogen worden (vgl. GermanWatch 2007, S.4).

Übrigens leugnet auch das IPCC nicht, daß auch natürliche Einflüsse eine Wirkung auf das Klima haben. Es ist durchaus so, daß in der Vergangenheit auch durchaus abrupte Klimaschwankungen vorwiegend natürliche Ursachen hatten. Allerdings verfügt infolge der industriellen Revolution der Mensch über genügend Ressourcen, um selbst für abrupte Änderungen des Klimas zu sorgen (vgl. Gassmann o.J.). Tatsächlich hatte das IPCC bei seinen Untersuchungen, die aus einer Metaanalyse der Literatur und eigenen Simulationsstudien dieser Klimamodelle bestanden, nicht etwa Studien ausgeklammert, die einen menschlichen Einfluß dementierten. Unter den 19 verschiedenen Klimamodellen, die untersucht wurden, waren nicht weniger als fünf Modelle, die nicht von einem menschlichen Einfluß auf das Klima ausgingen. Diese verschiedenen Modelle wurden einem Rückwärtsvergleich unterzogen, der ermitteln sollte, wie gut diese Modelle die bereits bekannten Temperaturveränderungen während des 20.Jahrhunderts erklären konnten. Modelle, die von rein natürlichen Ursachen für die Klimaveränderungen ausgingen, konnten dabei die in den letzten Jahrzehnten auftretenden Temperaturveränderungen nicht erklären. Entsprechend besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Klimaveränderungen auch menschengemachte Ursachen haben (vgl. IPCC 2007, S.10-12).

2. ExxonMobile "klärt auf"

Am 09.07.2007 folgte ein zweiter Bericht (vgl. Günther Ederer deckt auf: Aufklärung statt Panikmache: Experten warnen vor Al Gore und den Klimahysterikern). Darin warf Günter Ederer Al Gore und seinen Unterstützern eine Verfälschung der Fakten und kommerzielle Interessen bei der "Vermarktung" ihrer Initiative zum Klimaschutz vor.

a) Die herbeikonstruierte "Kontroverse"

Bereits in der Ankündigung zu diesem Bericht hatte "Report München" behauptet, die Frage nach den Einflußfaktoren des Klimawandels sei "laut Wissenschaftler [sic!] ungelöst[.]" (vgl. GermanWatch 2007, S.3). Allerdings ist dies eine falsche Darstellung. Die Vorstellung, daß an den Veränderungen des Weltklimas auch der Mensch beteiligt ist, ist wissenschaftliche Mehrheitsmeinung und wird nur von wenigen Wissenschaftlern bezweifelt. Verstegen (2004) zählte nur sehr wenige Personen, die sich innerhalb und außerhalb der USA "klimakritisch" äußern, und von denen die meisten auch aus dem Dunstkreis Frederic Singers stammen (vgl. Verstegen 2004, S.2). Auch der im ersten Bericht präsentierte Bjørn Lomborg gehört zu diesen (vgl. "USC examines 'The Skeptical Enviromentalist' by Bjørn Lomborg", abgerufen am 15.11.2007). Zum Vergleich waren mehrere tausend Personen an Studien, die eine menschengemachte Komponente beim Klimawandel auswiesen, und später an der Erstellung des IPCC-Berichts beteiligt (vgl. ).

Den "media bias", der sowohl von Medienkritikern als auch von ihren Gegnern propagiert wird, gibt es also scheinbar tatsächlich. Nur eben in der anderen Richtung: Im Vergleich zu ihrem Anteil sind die Medien- und Klimakritiker in der Berichterstattung über das Thema jeweils deutlich überrepräsentiert. Ähnlich "ungeklärt" sind ansonsten auch andere Gegenstände der wissenschaftlichen Forschung: Immerhin muß man nach diesem Muster ja die Evolution des Lebens oder das Alter der Erde anzweifeln, weil es einige christlich-evangelikale und muslimisch-konservative Wissenschaftler gibt, die der Meinung sind, das Leben sei vor 6000 Jahren geschaffen worden und alle Tierarten hätten Platz in Noahs Arche gefunden.

Wie jede Prognose ist natürlich auch diese mit gewissen Wahrscheinlichkeitsaussagen bzw. entsprechenden Unsicherheiten behaftet. Der IPCC stufte jedoch die Wahrscheinlichkeit für die menschliche Mitverantwortung von "wahrscheinlich" auf "sehr wahrscheinlich" hoch (vgl. GermanWatch 2007, S.3).

b) Historisch gesehen, wurde auch schon versucht, Zweifel an einer globalen Erwärmung zu erwecken, indem etwa dargestellt wurde, die Meinung der Klimaforscher weiche dramatisch von der Position ab, die sie vor Jahrzehnten gehabt hätten. So wurde der Mythos kolportiert, vor etwa dreißig Jahren hätten die Klimaforscher eine neue Eiszeit erwartet (vgl. etwa "Changes in the sun's surface to bring next climate change"; "Deep cold coming to the planet: What will Gore do?", abgerufen am 01.04.2008). Diese Anekdote hatte ich selbst in Diskussionen auch gebraucht, wenn auch in der Vorstellung, daß damals Informationen gefehlt hätten, der Einfluß etwa des Kohlendioxids auf das Klima noch nicht bekannt gewesen sei, und, ginge es allein nach der Sonne, eher eine Abkühlung zu erwarten wäre (s.u.). Tatsächlich aber waren schon bereits damals nur wenige Klimatologen der Meinung gewesen, die Erde würde sich in der näheren Zukunft abkühlen (vgl. "Global cooling: a 1970s myth", abgerufen am 01.04.2008).

In einem "Nachklapp" am 05.05.2008 wurde nunmehr aufgrund von aktuellen Daten, die zeigen sollten, daß zum Beispiel in der Antarktis eher eine Abkühlung zu verzeichnen sei, nun gefolgert, daß die befürchtete Erwärmung so schlimm ja nicht werden dürfte. Allerdings gibt es auch daran etliche Punkte zu bemerken:

(i) Kurzfristige Entwicklungen können durchaus längerfristigen Entwicklungen entgegenlaufen. Für die Thesen des IPCC entscheidend waren allerdings Durchschnittswerte, die sich in den letzten Jahrzehnten stärker verändert haben als in den Jahrtausenden zuvor. So wurde durchaus für die vergangenen etwa fünfzig Jahre eine Erwärmung des Klimas auch in den Polarregionen verzeichnet (British Antarctic Survey: "Climate Change - Our View", abgerufen a 31.10.2008).

(ii) Nach Newtons "actio = reactio"-Prinzip (vgl. "actio = reactio", abgerufen am 23.09.2008) setzt ein System, das aus dem Gleichgewicht versetzt wird, der Kraft, die dies bewirkt, eine gleich starke Kraft entgegen. Das System, das wieder dem Gleichgewicht zustrebt, tut dies bei extremer Auslenkung also in extremer Weise. Besonders augenfällig wird dies bei der Beobachtung der Stärke von Wirbelstürmen, die in den letzten Jahrzehnten im Schnitt zugenommen hat (vgl. ). In gleicher Weise ist es denkbar, daß als Reaktion auf Einflüsse, die das Klima erwärmen, kurzfristig auch Kälterekorde auftreten. Ein denkbares Beispiel hierfür könnten etwa die extremen Temperaturschwankungen im Sommer 2008 sein (vgl. "Das war der Sommer 2008", abgerufen am 23.09.2008). Diese Effekte können allerdings die Klimaerwärmung nicht dauerhaft verhindern, weil der erwärmende Einfluß deutlich langlebiger ist bzw. das System durch ihn den Gleichgewichtszustand verläßt.

(iii) Der Klimawandel würde nicht alle Regionen der Welt gleich betreffen. So würden die Temperaturen in Europa zunächst einmal abnehmen, wenn infolge einer Erwärmung der Golfstrom, der warmes Wasser bis über den nördlichen Polarkreis hinaus transportiert und somit selbst im Norden Europas ein "relativ" mildes Klima bewirkt, sich abschwächen würde (s.u.). Für die Antarktis gilt, daß in einzelnen Gebieten die Temperatur zu-, in anderen Gebieten sie aber abnehmen könnte (vgl. British Antarctic Survey: "Climate Change - Our View", abgerufen am 31.10.2008). Auch möglich ist, daß in einer Region eine extreme Dürre entsteht, während eine nicht einmal sehr weit davon entfernte Region unter Überschwemmungen leiden könnte.

Solche Angaben, die dem Trend vermeintlich zuwiderlaufen, können ggf. auch aufgrund der eher geringeren Zahl von Sensoren zustandekommen, mit denen in der Antarktis Wetterdaten erfaßt werden. Auch in der Antarktis mag es Lagen geben, in denen es ggf. kälter war als in den Jahren zuvor. Dies sagt allerdings nichts über die Gesamtsituation aus. Auch deswegen können unterschiedliche Entwicklungen prognostiziert werden. So hatten Studien aus den Jahren 2002 (vgl. Doran et al. 2002) bzw. 2007 aus den vorliegenden Daten jeweils sogar leichte Abkühlungen (in bestimmten Regionen) der Antarktis bzw. des sie umgebenden Ozeans gefolgert. Neuere Studien zeigten aber auch für die Antarktis auf, daß im Schnitt eine Erwärmung stattfindet (vgl. Wikipedia: Folgen der globalen Erwärmung in der Antarktis, abgerufen am 25.02.2009). Dabei können selbst vergleichsweise gering erscheinende Veränderungen der Durchschnittstemperatur von zwei bis drei Grad beträchtliche Auswirkungen auf die Eissituation und den Meeresspiegel haben (vgl. "Antarktis-Eisanalyse: Kühlhaus der Weltmeere droht auszufallen"; , abgerufen am 25.02.2009).

(iv) Schließlich hatten die Klimaskeptiker zwar verzeichnete Abkühlungen in ihrem Sinne interpretiert, nicht aber verzeichnete deutliche Erwärmungen. Mit gleichem Recht hätte man nun die Rekordsommer, die mit keiner Statistik zu erklären waren (vgl. Wikipedia: Hitzewelle 2003, abgerufen am 19.05.2008; oder auch im Jahr 2006) auch als Zeichen für eine stärkere Erwärmung interpretieren müssen. Auch die extremen Temperaturschwankungen im Sommer 2008 hätten zu denken geben können. Diese wurden allerdings geflissentlich ignoriert.

(v) Das IPCC hatte in seinem Klimabericht überhaupt keine Aussage über den menschlichen Einfluß auf das Klima in den Polarregionen gemacht. Als Begründung dafür wurde einerseits angeführt, daß das Klima dort im Vergleich starken Schwankungen unterworfen ist und andererseits nicht genügend flächendeckende Daten über die klimatischen Bedingungen zur Verfügung gestanden hätten, um diesen zu bewerten (). Eine 2008 durchgeführte Studie mit verfeinerten Klimamodellen ermöglichte allerdings dazu weitergehende Aussagen. Dabei wurden - analog zu der Methodik, die bereits für den globalen Rahmen angewendet worden war (s.o.) - verschiedene Klimamodelle daraufhin untersucht, ob sie die verzeichneten Klimadaten aus den vergangenen Jahrzehnten erklären konnten, darunter auch Modelle, die davon ausgingen, daß der Mensch keinen Einfluß auf die Klimaentwicklung nehmen könne. Dabei wurde allerdings aufgezeigt, daß solche Modelle die aufgezeichneten Daten nicht erklären konnten ("Polar warming 'caused by humans'", abgerufen am 31.10.2008).

(vi) Schließlich würde selbst dadurch, wenn der Klimawandel keinerlei menschengemachte Komponente enthielte, die Bedrohung durch Naturkatastrophen und für die Nahrungsmittelproduktion nicht geringer. Bisher stehen dem Menschen keine Technologien zur Verfügung, mit denen Veränderungen dieser Größenordnung kompensiert werden könnten.

c) Von Eisbären und Nilpferden - Über Al Gores "Eine unbequeme Wahrheit"

Insbesondere wurde die Diskussion von Al Gores Dokumentarfilm auf zwei Dramatisierungen bzw. kleinere Fehler eingeengt - so hatte Gore in seinem Vortrag eine Graphik präsentiert, nach der die Insel Manhattan infolge des Klimawandels teilweise überschwemmt würde, und mittlerweile, obwohl Eisbären gut schwimmen könnten, auch ertrunkene Eisbären gefunden worden seien -, die aber dann "pars pro toto" zur Abwertung aller seiner Darstellungen eingesetzt wurden.

(i) Allerdings sagt dies auch noch nichts über die klimatischen Bedingungen in der Polarregion zur selben Zeit aus. Während der letzten Warmzeit, der sog. Eem-Warmzeit (etwa 126.000-115.000 Jahre vor heute) schmolz nämlich nur der südliche Teil des grönländischen Eises nennenswert ab (vgl. Wikipedia: Eem-Warmzeit, abgerufen am 12.11.2007). Dies bedeutet allerdings andererseits nicht, daß zum Beispiel das Eis des arktischen Ozeans nicht bereits damals abschmolz. Da der Ozean die Wärme besser speichert als die Landmasse, kann damals durchaus die vom Eis bedeckte arktische Seefläche durchaus kleiner gewesen sein. Bei der "Klimadebatte" noch außer Acht gelassen wurde außerdem der Umstand, daß die Dichte des Wassers sich mit steigender Temperatur verringert, so daß das Volumen des Wassers sich ausdehnt. Diese Veränderung allein hat bereits eine sehr viel größere Wirkung als die Veränderung der grönländischen Gletscher (vgl. Arctic Climate Impact Assessment, abgerufen am 12.11.2007). Mit zunehmender Temperatur kann andererseits der Ozean auch weniger Kohlendioxid binden, so daß sich der durch Kohlendioxid bedingte Erwärmungseffekt verstärkt (vgl. Gassmann 1998, S.44). Daneben wird der Anteil des Wasserdampfs an der Zusammensetzung der Atmosphäre ebenfalls zunehmen. Dieser ist selbst ein Treibhausgas.

(ii) Auch entkräftet das Argument vom Eisbären nicht die These vom möglichen menschlichen Einfluß bei der Klimaveränderung. Tatsächlich bestätigt sinnigerweise der Verweis auf die letzte Warmzeit in großen Teilen auch die vermeintlichen "Horrorszenarien" von Klimaschützern, so daß auch nicht von rein positiven Effekten zu sprechen ist (s.u.): Während der wärmsten Phase der Eem-Warmzeit war die Temperatur zwischen zwei und fünf Grad höher als heute. Der Meeresspiegel lag zu dieser Zeit allerdings auch zwischen drei und acht Metern höher als heute. Die Vegetation zu dieser Zeit bestand zunächst hauptsächlich aus ausgedehnten Laubwäldern. Allerdings trat gleichzeitig auch eine ausgeprägte Bodenerosion auf, durch die fruchtbarer Boden weitläufig abgetragen wurde. Schließlich veränderten sich die Meeresströmungen, wodurch eine mehrere Jahrhunderte andauernde starken Trockenheit auftrat, die dazu führte, daß innerhalb von etwa 100 Jahren die Laubwälder verschwanden und durch Steppenlandschaften ersetzt wurden, bevor die letzte Eiszeit, die sog. Weichsel-Eiszeit (etwa 115.000-11.500 Jahre vor heute) anbrach. Auch waren die Lebensbedingungen für Menschen mit der damaligen Wirtschaftsweise während der Warmzeit nicht besonders gut, da im Wald die Dichte des jagdbaren Wildes geringer ist (vgl. Wenzel 2002, S.36-39+S.48; vgl. Gassmann o.J.; Wikipedia: Eem-Warmzeit; Wikipedia: Weichsel-Eiszeit, abgerufen am 12.11.2007).

In der Vergangenheit führten Klimaveränderungen auch immer wieder zu massiven Fluchtbewegungen von Menschen, wenn deren Lebensräume unbewohnbar wurden (vgl. Schwartz+Randall 2003, S.6). Daß die Schätzungen des IPCC noch eher konservativ sind, zeigen auch andere Untersuchungen, die darauf hindeuten, daß aktuelle Klimamodelle die globale Erwärmung noch eher unterschätzen (Are scientists overestimating -- or underestimating -- climate change?", abgerufen am 25.11.2007; Brenchley 2007, S.25). Der Politologe Dirk Messner schätzt die Zahl der "Klimaflüchtlinge", die angesichts der laufenden Klimaveränderung ihre angestammten Lebensorte verlassen müssen, weil diese unbewohnbar werden, auf bis zu 200 Millionen. Durch Sturmfluten können sogar bis zu einer Milliarde Menschen bedroht werden, die an den Unterläufen großer Flüsse leben.

(iii) Schließlich haben sich die Lebensbedingungen auch in den arktischen Regionen durch die Präsenz des Menschen verändert. So waren noch zur Zeit der ersten Besiedelung durch die Wikinger Island und die eisfreien Küstengebiete Grönlands stark bewaldet gewesen, hatten allerdings die europäischen Siedler durch Rodungen und Gewinnung von Weideflächen dauerhaft das Ökosystem verändert und geschädigt (vgl. Wikipedia: Island, abgerufen am 12.05.2008). In der Folge kam es dort zu Hungersnöten, die ihrerseits zu Auswanderungswellen führten. Sobald sich das Klima abermals veränderte - diesmal wurde es in der sogenannten "Kleine Eiszeit" zu Beginn der frühen Neuzeit nicht einmal erheblich kälter - brach das Ökosystem Grönlands vollständig zusammen und konnte die Europäer nicht mehr länger ernähren, so daß die erste europäische Besiedlung Grönlands um das Jahr 1500 schließlich gänzlich erlosch (vgl. Wikipedia: Graenlendingar, abgerufen am 12.05.2008). Es ist nun nicht aus vergangenen Ereignissen, die ohne Zutun des Menschen stattfanden, nicht abzuleiten, wie Veränderungen, die Menschen vorgenommen haben, sich ausgewirkt haben.

(iv) Es gibt natürlich noch viele offene Fragen: So traten auch während der Eem-Zeit ohne Zutun des Menschen mehrere vergleichsweise abrupte Klimasprünge um jeweils etwa 2°C auf, die sich jeweils binnen etwa eines Jahrhunderts vollzogen. Diese Klimasprünge waren auch nicht regelmäßig, so daß sie zum Beispiel nicht periodischen Veränderungen wie zum Beispiel bei der Sonnenaktivität, einer veränderten Exzentrizität der Erdumlaufbahn, dem Kippen oder der Präzession der Erdachse etc. zugeschrieben werden können. Es finden sich auch keine Anzeichen für vermehrte vulkanische Aktivität, die einerseits mit Abkühlungen in Beziehung gesetzt wird (vgl. Gassmann 1998, S.48f.). Ansonsten waren die Vergletscherungen des Eiszeitalters so groß wie nicht seit etwa 700 Millionen Jahren, so daß unsere erdgeschichtliche Epoche eher eine der kältesten Zeiten ist (vgl. "Die Geschichte des Planeten Erde"; Baier 2007, abgerufen am 13.11.2007). Allerdings können bei Vulkanausbrüchen freigesetzte Sulfatpartikel indirekt wieder zu einer Erwärmung beitragen (vgl. Mahlman 2001, S.3f.).

Man kann aber nicht auf Basis älterer Klimaentwicklungen, die nichts mit dem Einfluß des Menschen zu tun hatten, argumentieren, daß der Mensch für aktuelle Klimaentwicklungen keine Verantwortung trage (vgl. Mahlman 2001, S.2), und es zeigen sich auch in der Untersuchung klare Zusammenhänge zwischen dem Ausstoß von Kohlendioxid durch die Industrieanlagen des Menschen und den erfahrenen Veränderungen des Klimas (vgl. Gassmann o.J.). Wenn man allerdings frühere Entwicklungen mit einbeziehen möchte, sollte man vielleicht auch berücksichtigen, daß größere Klimaveränderungen, die sich in der Vergangenheit ereignet haben, häufig auch zu Massensterben geführt haben, bei denen jeweils ein Großteil der auf der Erde lebenden Arten ausgelöscht wurde. Sollte tatsächlich der Mensch dafür verantwortlich sein, so stellt sich die Frage, ob es ethisch zu rechtfertigen wäre, einen derartigen Zusammenbruch des Ökosystems einfach geschehen zu lassen.

(v) Diese "Dramatisierungen" sind auch nicht einmal so abwegig, wenn man rein auf die geographischen Höhendaten rekurriert. Es dürfte zum Beispiel bekannt sein, daß bereits heute zum Beispiel ein großer Teil der Niederlande überschwemmt würde, gäbe es keine Deiche und Dämme, mit denen ein Eindringen der Nordsee in das Land verhindert wird. Zum anderen wurde als Abrede der "Eisbären"-These eine Argumentation präsentiert, daß Eisbären in Warmzeiten, als in Mitteleuropa Nilpferde lebten, sehr gut hätten leben können.

Ansonsten sind nicht nur langfristige Änderungen zu berücksichtigen. Starke Stürme können große Mengen von Wasser aus dem Meer in Flußläufe hochdrücken und dabei meterhohe Flutwellen verursachen, denen in der Vergangenheit zum Teil hunderttausende Menschen zum Opfer fielen (vgl. Wikipedia: Sturmflut, abgerufen am 01.03.2008). Wenn sich durch die menschengemachte Erderwärmung die Wahrscheinlichkeit solcher Sturmfluten vergrößert, stellt dies ein bedeutenderes Problem dar als eine Zunahme der mittleren Wasserstände um wenige Zentimeter pro Jahrzehnt.

Auch andere Kritiker, so etwa Brenchley (2007), konzentrieren sich in der Diskussion sehr stark auf einzelne Faktoren oder versuchen, sie zu verschieben.

So finden sich bei Brenchley etwa zwar richtige Aussagen wie daß es auch ohne menschliches Zutun Klimaveränderungen und auch noch stärkere Erwärmungen gegeben hatte als jene, die vom IPCC vorhergesagt werden (vgl. Brenchley 2007, S.4-6,11-13). Allerdings werden dabei nicht die Umstände erklärt, unter denen die damaligen Erwärmungen stattfanden. So ist es durchaus möglich, daß bestimmte Bedingungen, die für frühere Erwärmungen verantwortlich waren, aktuell nicht auftreten. Brenchley hält außerdem fest, daß Wetterstationen natürlich vorwiegend in besiedelten Gebieten angesiedelt seien und die Temperaturentwicklung in besiedelten Gebieten deshalb zu stark berücksichtigt werde (vgl. ebd., S.16f.). Allerdings ist die Darstellung in sofern widersprüchlich, daß Brenchley dann aber kritisiert, daß das IPCC den Effekt der Städte auf das Klima als verhältnismäßig gering einstuft und mit 0.1°C angibt, während in Großstädten die mittlere Temperatur bis zu 1°C höher liegt als außerhalb besiedelter Gebiete (vgl. ebd., S.17). Weiterhin ist aus der Chaostheorie auch das geflügelte Wort bekannt, daß bereits eine kleine lokale Veränderung globale Konsequenzen haben kann.

d) Frederic Singer

Als weiterer "Klimakritiker" wurde Frederic Singer präsentiert, der bereits auch eine Position als Berater der US-Regierung und des Vatikans innegehabt hatte. Die Kritik Singers wurde allerdings dabei belassen, Gores Film sei "sehr überzeugend, wenn man die Wissenschaft nicht weiß", und in anderen Ländern sprächen Akademiker, "die berühmte Professoren sind [...], gegen diese Hysteria".

(i) In wieweit aber die Positionen als "Autoritätsargumente" dienen können, ist fraglich. So ist von der Bush-Regierung bekannt, daß diese sich vorwiegend mit Personen umgibt, die ihre Weltsicht teilen, und schon lange offenkundige Tatsachen solange konsequent ableugnet, bis diese unleugbar geworden sind. Die "neokonservative" US-Regierung, die starke Verbindungen zur Ölindustrie besitzt, soll weiterhin auf Hunderte von Wissenschaftlern Druck ausgeübt haben, die zu Ergebnissen gekommen waren, die Interessen dieser Industrie schädigen könnten, diese aus ihren Publikationen zu tilgen oder positiv darzustellen. Budgets für Programme, die die globale Klimaentwicklung untersuchen sollten, wurden regelmäßig gekürzt (vgl. Donaghy et al. 2007, S.2-4). Die Regierung Bush versuchte, Wissenschaftler, die gegensätzliche Meinungen vertraten, zu diskreditieren, und versuchte, Verhandlungen mit dem Ziel, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, systematisch zu torpedieren und Beschlüsse zu verwässern ("Klimagipfel [2007 in Bangkok]: USA und China bremsen"; "Klimagipfel [2008 auf Bali]: USA rudern zurück", abgerufen am 16.06.2008). Inzwischen soll zwar auch US-Präsident George W.Bush - vielleicht veranlaßt durch ein ihm vom US-Verteidigungsministerium präsentiertes Szenario eines zwar unwahrscheinlichen, aber möglichen abrupten Klimawandels und dessen möglicher Folgen (vgl. Townsend+Harris 2004) - eine menschengemachte Komponente in der Klimaveränderung eingeräumt haben (vgl. Daniel+Harvey 2005), sträubt sich allerdings solcherart vehement selbst gegen die eigene Legislative, die mittlerweile Rückgänge von 70% bei der Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 festsetzen will (vgl. "USA blockieren Klimagipfel", abgerufen am 16.06.2008). Singer dürfte als Mitglied des Bush-Dunstkreises sehr gut darin geschult sein, Wahrheiten zu verleugnen oder so zu verbiegen, daß sie nicht mehr erkennbar sind.

Ansonsten ist es mit der Wissenschaftlichkeit der römisch-katholischen Kirche auch so eine Sache. Als Erläuterung dazu diene folgende Anekdote: Galileo Galilei hatte nicht nur das heliozentrische Weltbild propagiert, sondern auch propagiert, die Materie bestehe aus "kleinsten Teilchen". Er hätte wegen dieser Vorstellung, die das noch heute bestehende Dogma der Transsubstantiation leugnet, sogar zum Tode verurteilt werden können. Der ihm freundlich gesonnene Papst konnte jedoch eine entsprechende Anklage verhindern, so daß Galilei "nur" für seine Behauptung des heliozentrischen Weltbildes mit lebenslangem Hausarrest bestraft wurde. Die rkK hatte Galilei erst im Jahr 1992 rehabilitiert. Und noch heute dürfen die Wissenschaftler des Vatikans sich nicht zu den Vorstellungen der rkK über den Aufbau der Materie äußern, die im Widerspruch zu zahllosen empirischen Bestätigungen stehen (vgl. Wikipedia: Galileo Galilei, abgerufen am 12.11.2007; Schiller 2007, S.234f.). Ähnliches mag auch für die Vorstellungen der rkK bezüglich vieler anderer Themen gelten, in denen sich Wissenschaft und Dogma überschneiden.

Vielleicht würde man sich entsprechend auch an den Kopf fassen, wenn man Singers Argumente untersucht. Andererseits dementiert Singer auch die Zusammenhänge zwischen FCKW und dem Ozonloch, zwischen UV-Strahlung und Hautkrebs und zwischen Passivrauchen und Lungenkrebs. Viele seiner Argumente zum Klimawandel wurden außerdem durch andere Untersuchungen widerlegt (vgl. Wikipedia: Fred Singer, abgerufen am 12.11.2007; Verstegen 2004, S.5).

(ii) Singer verlegte sich etwa auf die Haltung, daß der Mensch zwar mit Hilfe von Kohlendioxid und Methan Einfluß auf das Weltklima nehmen könne, dieser Einfluß aber positiv sei, da ein Temperaturanstieg zu einer höheren Lebensmittelproduktion und steigenden wirtschaftlichen Erträgen führe (vgl. Singer 1999, S.3). Zunächst mag eine vermehrte Ausschüttung an Kohlendioxid tatsächlich die Menge an Pflanzen vergrößern. Allerdings gibt es dafür auch Grenzen. Wird ein gewisser Grenzwert erreicht, wird die Erderwärmung zu einem Selbstläufer und reagiert in Simulationen das Klimasystem abrupt mit dem Zusammenbruch eines Teils der Biosphäre (vgl. Gassmann 1998, S.59f.). Ein Temperaturanstieg um drei Grad Celsius könnte zu einem Zusammenbruch von Lebensräumen und zur Ausrottung von bis zu 50% der Tier- und Pflanzenarten führen, während ein Anstieg um zwei Grad immer noch zu starken Veränderungen der Lebensräume führen kann. Ansonsten kann eine Klimaerwärmung zur Abschwächung wichtiger Meeresströmungen wie etwa des Golfstroms führen, mit der Folge, daß in einigen Regionen sinnigerweise die Temperaturen absinken. Andere Folgen können Dürren oder Überschwemmungen sein (vgl. Wikipedia: Globale Erwärmung, abgerufen am 18.11.2007; Schwartz+Randall 2003, S.6-8). Dabei ist davon auszugehen, daß ab einer gewissen Grenze die Erwärmung auch zu einem "Selbstläfer" wird, d.h. eine gewisse Erwärmung unweigerlich zu einer größeren führt, so daß auch die "relativ geringen" Zunahmen, die Norberg etc. annehmen, gefährlich sein könnten.

(iii) Singer reduzierte sich in der Diskussion um das atmosphärische Kohlendioxid auch sehr stark auf den Faktor Kohlendioxid und stellte etwa dar, daß zu geologisch anderen Zeiten, etwa 600 Millionen Jahre vor heute, die Konzentration an Kohlendioxid zwanzigmal größer gewesen sei als heute und es trotzdem kalt genug gewesen sei, daß Vergletscherung möglich war (vgl. Singer 1999, S.8). Die Temperatur entsprach dabei in etwa der heutigen (vgl. Pörtner 2006, S.11, abgelesen aus Abbildung 3). Allerdings dürfte klar sein, daß das atmosphärische Kohlendioxid auch nicht die einzige Einflußgröße ist, die eine Rolle für das Klima spielt. So betrug die Strahlungsintensität der Sonne zur damaligen Zeit nur etwa 95 Prozent des gegenwärtigen Wertes (vgl. Wikipedia: Klimageschichte, abgerufen am 18.11.2007). Zum Vergleich kann - alle anderen Faktoren ausgeklammert - bereits eine Veränderung der Strahlungsintensität der Sonne von 0.03 Prozent gegenüber dem heutigen Mittelwert von 1366 W/m2 zu einer Temperaturänderung um 0.2 Grad Celsius führen (vgl. Schmitt+Schüssler 2002, S.6, abgelesen aus Abbildung 12). Heute beträgt allerdings umgekehrt der Einfluß der Sonne auf die Erwärmung des Klimas nur maximal 30% (vgl. Wikipedia: Globale Erwärmung, abgerufen am 18.11.2007), während sich die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre erst seit dem Jahr 1800 und damit assoziiert mit der sich vollziehenden Industrialisierung signifikant gegenüber dem Durchschnittswert mindestens der letzten 420.000 Jahre erhöht hat (vgl. Klimawandel und Treibhauseffekt, abgerufen am 18.11.2007). Schließlich trat während des Kambriums, d.h. in der nachfolgenden Zeitphase von etwa 100 Millionen Jahren, selbst auch eine globale Erwärmung ein, die wiederum zu einem erheblichen Anstieg des Meeresspiegels führte (vgl. Wikipedia: Kambrium, abgerufen am 13.11.2007).

(iv) Weiterhin wurden aber auch die kommerziellen Interessen der anderen Seite, die weit größer sein dürften, nicht angesprochen. So hatten Frederic Singers Forschungsinstitut und auch andere Institute, die mit dem Ziel angetreten waren, den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel anzugreifen, indem sie etwa den Klimawandel leugneten, als positiv darstellten oder insbesondere auf wirtschaftliche Schäden verwiesen, die eine Gesetzgebung gegen Ökosünder habe, in den vergangenen Jahren erhebliche Mittel von dem Ölriesen ExxonMobile erhalten. Dieses Unternehmen, das natürlich durch einen geringeren Verbrauch von Erdöl finanzielle Einbußen zu befürchten hätte, betrieb es in den vergangenen Jahren als Teil seiner Unternehmensstrategie, wohlfeile Studien zu finanzieren, um so in der Öffentlichkeit Zweifel über den Klimawandel und die politischen Konsequenzen daraus zu wecken. Insbesondere soll dies natürlich aus kommerziellen Interessen betrieben worden sein (vgl. Greenpeace 2007).

Dabei werden allerdings nicht nur einfach Wissenschaftler gefördert, die genehme Studien produziert haben, mit dem Ziel, deren Repräsentation in den Medien soweit zu fördern, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck einer wissenschaftlichen Kontroverse oder eines Konsenses entsteht, daß es keinen Treibhauseffekt gebe oder dieser nur positive Auswirkungen habe. Sondern die "Förderung" geht sogar soweit, daß die "bekannten Wissenschaftler" von ihren Sponsoren gesteuert werden, was die "wissenschaftlichen" Aussagen angeht, die sie präsentieren sollen (vgl. Verstegen 2004, S.6).

(v) Auch Günter Ederer hatte sich bereits mit Filmberichten, die teilweise von der arbeitgebernahen Initiative "Neue Soziale Marktwirtschaft" gesponsert wurden, als Wirtschaftslobbyist betätigt, der einer "Amerikanisierung" der deutschen Sozialsysteme, zum Beispiel einer Rentenversorgung mittels Aktien, das Wort redete (vgl. Lilienthal 2003).

3. Mike Lingenfelser über Energiesparlampen und die Europäische Union

(Lingenfelser 2009). Allerdings beließ man es dabei nicht bei einer vielleicht nachzuvollziehenden Aussage, daß die Einführung von Energiesparlampen im Vergleich nur eine geringe Wirkung hätte.

Sondern man griff auch zu ausgesprochen esoterischen Argumenten, das Licht von Energiesparlampen habe einen hohen Blauanteil, das insgesamt eine negative Auswirkung auf den Schlaf/Wachrhythmus der Konsumenten habe. Der diesbezüglich interviewte Psychiater Dieter Kunz ging sogar soweit, eine erhöhte Nutzung von Energiesparlampen mit einer Erhöhung von "Tumorerkrankungen, [...] Herzinfarkte(n), [...] Depressionen und ganze (sic!) Reihe von anderen Erkrankungen" zu assoziieren.

Der erstere Aspekt kann experimentell nachvollzogen werden. (vgl. Popp 2005) (vgl. Rea 2005). Allerdings kann man Energiesparlampen nicht rundweg verteufeln. So wirkt sich laut einer Studie der Universität von Surrey Licht mit hohem Blauanteil positiv auf die Konzentration aus, verbessert die Qualität des Schlafes und soll sogar das Wohlbefinden, insbesondere in den eher dunklen Wintermonaten, steigern (vgl. "Blaues Licht steigert die Konzentration", abgerufen am 07.01.2009). Licht mit hohem Blauanteil wird sogar als Behandlungsmittel gegen Depressionen eingehandelt (vgl. ). [Allerdings beziehen sich bisherige Untersuchungen zu diesen Aspekten - sowohl zu den positiven wie zu den negativen (!) - auf im Vergleich sehr helle Beleuchtungsstärken von beispielsweise 5000 lux. Nicht untersucht sind niedrige Lichtintensitäten: Eine 60-Watt-Glühlampe hat auf die übliche Entfernung zum Beispiel eine Leuchtstärke von maximal 40 lux (vgl. Zulley 2004).] Auch haben sich die Menschen ob der Zeitverhältnisse in der Wirtschaft ohnehin einen Wach-/Schlaf-Rhythmus angewöhnt, der nicht ihren Wünschen entspricht. Der durchschnittliche Mensch würde dabei lieber abends länger wachbleiben und morgens länger schlafen, als dies bei den üblichen Arbeitszeiten möglich wäre ().

Schließlich geriet dieser Bericht dann auch zu einer Kritik an der Europäischen Union. In einem Nachsatz meinte Report-Moderation Claudia Schick, bei den zuständigen Stellen der EU werde darüber nachgedacht, Kaffeemaschinen zu verbieten. Nun hatte ich selbst in einigen Beiträgen auch schon Initiativen und Gedankenspiele von einzelnen Politikern kritisiert, deren mediale Präsenz eher mäßig ausfiel und die entsprechend auch einmal ins Gespräch kommen wollten, so etwa Vorschläge, in Zukunft Blogger zu registrieren, damit diese dann nach weißrussischer Art verfolgt werden können, falls diese nicht genehme Aussagen verbreiten, oder "gefährliche" Worte wie "Bombe" oder "Terrorismus" aus dem Sprachgebrauch des Internets zu entfernen. Eigentlich sind derartige Vorschläge äußerst beschämend für unsere Weltanschauung und dürften (und sollten) keine großartige Chance haben.

Auch sind viele Verordnungen der EU, die verabschiedet werden, nicht richtig verständlich. Die „Flüssigkeitenverordnung“, nach der Flugreisende die Flüssigkeiten, die sie mit sich führten, allesamt in maximal 100 Milliliter großen Behältnissen in einen durchsichtigen Ein-Liter-Beutel packen mußten, und die ursprünglich mit dem Hintergedanken erlassen wurde, Terroranschläge mit Flüssigsprengstoffen zu verhindern, hatte einzig den „Erfolg“, daß ein wirtschaftlicher Schaden in dreistelliger Millionenhöhe angerichtet wurde. Nicht in einem einzigen Fall wurden gefährliche Flüssigkeiten beschlagnahmt – viel eher massenhaft Getränke oder Kosmetika. Diese Verordnung wird allerdings alsbald kassiert (Q?).

Im Januar 2009 beschlossen, daß in Zukunft alle Kinder Reisepässe bräuchten, auf denen auch ihre Fingerabdrücke gespeichert wären. Als Begründung wurde angegeben, damit solle der „Kinderhandel“ bekämpft werden (Q?). Von diesem Begriff hatte ich bis dato überhaupt noch nie gehört. Und so erscheint es auch mir wahrscheinlicher, daß hiermit die Akzeptanz der Abnahme und Abspeicherung von Fingerabdrücken aller Bürger gesteigert werden soll. Einerseits durch die Assoziation mit Kindern – denn wer kann nicht etwas dagegen haben, daß Kindern etwas angetan wird -, andererseits aber durch die möglichst frühzeitige Gewöhnung. Wem bereits in seiner Kindheit mehrfach die Fingerabdrücke abgenommen wurden, der wird sich bei der „freiwilligen Abgabe“ bei Ausstellung eines Ausweises oder Reisepasses für Erwachsene weniger zieren. Damit wäre ein weiterer Baustein in den Überwachungsmöglichkeiten gelegt, da in Zukunft für eine gegebene Fläche ggf. nachvollzogen werden kann, wer diese möglicherweise innerhalb der letzten Stunden oder Tage berührt hat, und dann halt im Falle von Verbrechen auch mehr Unschuldige Gegenstand einer polizeilichen Ermittlung werden könnten.

Allerdings wird mit einer solchen Kritik zu deutlich, daß hiermit eine Angst geschürt werden soll, eine als übermächtig empfundene, von den Menschen und ihren Lebensverhältnissen all zu weit entfernte Organisation verordne den Menschen nach Gutdünken, wie sie zu denken und zu leben haben.



2.3.3 Mit "Report München", "Frontal 21", "Fakt" und "Spiegel TV" für "Hartz IV"

2.3.2.1 "Fakt" über "Hartz IV"-Empfänger

Das MDR-Magazin "Fakt" berichtete gleich mehrfach mit suggestiven bzw. sachlich falschen Berichten über "Hartz IV"-Empfänger, als in der Politik die Frage diskutiert wurde.

1. Der erste Beitrag dieser Serie behandelte am 25.09.2007 die sogenannten "Hartz IV"-Kinder (vgl. Bericht-Link). Darin präsentiert wurde ein Paar von Langzeitarbeitslosen, die beide seit über zehn Jahren keine Arbeit mehr hatten, aber sich monatlich für etwa 100 Euro Tabakwaren und einen Fernsehapparat auf Abzahlung gekauft hatten. Behauptet wurde außerdem, daß das Geld dafür aus dem Kindergeld komme, das das Paar für den dreijährigen Sohn erhalte, und von seinem Kindergartengeld abgehe. Behauptet wurde weiterhin, daß eine wie von der Politik damals aktuell diskutierte Erhöhung des Regelsatzes um zehn Euro bestimmt nicht zu den richtigen Zwecken eingesetzt werde, weshalb man sich vehement dagegen aussprach. Die Eltern stellten sich ansonsten als völlig verzettelt dar, indem sie etwa nichts mit ihrem Kind anzufangen wußten, was dessen Erziehung und Ernährung angeht.

a) Allerdings entspricht die aufgestellte Behauptung nicht der Wahrheit. So wird bei "Hartz IV"-Empfängern das Kindergeld voll angerechnet, so daß der Anspruch sich entsprechend um diesen Betrag reduziert. Die Familie hat also durch das Kind auch nicht mehr Geld zur Verfügung als ohne, allerdings ist eine Person mehr zu ernähren. Zugunsten der Aussage muß man allerdings auch derartige Fakten keine Rücksicht nehmen.

b) Weiterhin sind sehr viel mehr Beispiele von "Hartz IV"-Empfängern bekannt, die deshalb in bitteren Verhältnissen leben. So wurde in "Monitor" am 22.03.2007 von einem "Hartz IV"-Empfänger berichtet, der die Glühbirnen aus den Fassungen gedreht hatte, um nicht in Versuchung zu kommen, sich Licht zu machen, weil er die Stromkosten nicht bezahlen konnte (vgl. "Lichter aus? Wie Hartz4-Empfänger vergeblich versuchen mit ihrer Strompauschale klar zu kommen, abgerufen am 18.11.2007). Persönlich bekannt ist mir auch der Fall eines "Hartz IV"-Empfängers, der von seiner Frau schwer krank (und deshalb nicht arbeitsfähig) mit deren drei Kindern sitzengelassen wurde, sich selbst nichts gönnt und seinen Kindern sehr gerne mehr bieten möchte, aber am Monatsende nach Abzug aller Kosten noch fünf Euro übrighat.

c) Andererseits hat dieses "Verzettelt-Sein" vielleicht auch weniger mit der Armut zu tun. Bei "Hartz IV"-Empfängern kommt dies vielleicht bloß deutlicher zum Tragen als bei Menschen zum Beispiel ähnlicher Bildung, die noch Arbeit haben, weil im Zusammenhang mit der Bewilligung von "Hartz IV" zur "Anspruchsermittlung" die Lebensverhältnisse eingehend begutachtet werden.

2. Am 15.10.2007 schob "Fakt" einen Bericht nach, in dem ein Jugendrichter, der Schulschwänzer wochenweise in den Jugendarrest steckt, sich entgeistert darüber äußern durfte, daß derartige "Erziehungsmaßnahmen" nichts brächten, da die Jugendlichen ja die "soziale Hängematte Elternhaus" hätten. Damit wurde diese Behauptung explizit wiederholt, dies ebenso trotzdem der exemplarische Jugendliche, über den man hier berichtet hatte, erzählt hatte, er fühle sich in seinem Elternhaus ebenfalls wie im Gefängnis (vgl. "Schulschwänzer - Abschreckung wirkt nicht", abgerufen am 30.10.2007). Da man ja nun ganz klar in Abrede stellte, daß man Menschen nicht fördern, sondern nur Druck auf sie ausüben dürfe (s.u.), konnte man natürlich nur weitere Forderungen an sie aufstellen. Unklar ist allerdings, welche Forderungen sich konkret daraus ergeben sollte: Sollte das Arbeitslosengeld II für Eltern renitenter Kinder gekürzt werden - wodurch sich im übrigen geldlich nichts ändern würde -, oder sollte es am Ende gar eine Verbringung in geschlossene Erziehungsheime mit Zwangsarbeit geben wie es sie noch bis Ende der 1960er Jahre in Westdeutschland (vgl. dazu ["Schläge im Namen des Herrn"]) und ("Jugendwerkhöfe") bis zum Ende der DDR auch in Ostdeutschland gab?

3. Am 22.09.2008 berichtete "Fakt" weiterhin über Ausländer, die in grenznahen Gebieten Leistungen nach "Hartz IV" bezögen, ohne dort tatsächlich wohnhaft zu sein. Dabei wurde das Regime bemängelt, daß Wohnungskontrollen eine Woche vor dem Besuch schriftlich angekündigt werden mußten. Auch hier sieht man einen Perspektivenunterschied. So sehen viele "Leistungs"empfänger "Hartz IV" als eine "Form des offenen Vollzugs" (), weil quasi der Bedarf auf den Euro genau belegt werden müsse und die "Hartz IV"-Inspektoren sogar bis in deren Kleiderschränke hinein ermitteln.

4. Am 03.11.2008 berichtete "Fakt", daß Klagen gegen fehlerhafter "Hartz IV"-Bescheide zu einer permanenten Überlastung der Sozialgerichte geführt hätten. Nicht nur wurde allerdings Kritik an den Arbeitsagenturen geübt, die unsauber gearbeitet hatten - andererseits gibt es mittlerweile sogar Aussagen von dortigen Mitarbeitern, sie seien von ihren Vorgesetzten unter Druck gesetzt worden, durch Verweigerung oder durch Kürzungen von Zahlungen möglichst viel Geld einzusparen (vgl. ) -, sondern auch an den "Hartz IV"-Empfängern. Diese klagten entweder einfach deswegen, weil sie nichts Anderes mit ihrer Zeit anzufangen wüßten, oder sähen den "Sozialstaat als Selbstbedienungsladen" an, würden sich "auf Steuerzahlerkosten" ihre Wohnungen einrichten (vgl. "Klageflut gegen Hartz IV-Bescheide", abgerufen am 14.11.2008). So wurden übrigens legitime Ansprüche kommentiert, die "Hartz IV"-Empfängern von Gesetzes wegen zustehen und ihnen von nämlichem Sozialgericht auch zuerkannt wurden, und mit der letzten Aussage letztlich auch eine der Aufgaben des Sozialstaates in Frage gestellt, Menschen, die aus eigener Kraft nicht dazu fähig sind, zumindest ein Mindestmaß an würdigem Leben zu ermöglichen -- eine Aufgabe, die ja auch von der Politik immer wieder vergessen zu werden scheint.

2.3.2.2 "Tarifeinheit in Gefahr" - Spiegelfechtereien im Kampf für "segensreiche Privatisierungen"

"Fakt" berichtete am 15.10.2007 über den Streik der Lokführergewerkschaft GdL, dieser gefährde die Tarifeinheit in Deutschland. Es dürfe nicht angehen, daß kleine Gewerkschaften die Vorstellung unterlaufen, daß es in jedem Betrieb nur einen Tarifvertrag geben könne. Ein Mitarbeiter des wirtschaftsnahen ifo-Institutes propagierte, ein System, das dies auflöse, etwa wie dies in England in den 1970er Jahren der Fall gewesen sei, zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft führen würde. Die Bahn müsse dementsprechend "hart bleiben", es gehe wieder einmal "um die Zukunft Deutschlands" (vgl. Tarifeinheit in Gefahr; abgerufen am 30.10.2007).

a) Allerdings ist an dieser Vorstellung letztlich viel Schwarzmalerei. Denn außer in sehr speziellen Fällen wie bei Lokführern, Fluglotsen oder Ärzten besitzen kleine Gewerkschaften kaum nennenswerte Streikmacht, so daß besondere Forderungen für diese nur in Absprache und unter Mithilfe anderer Gewerkschaften zu erreichen sind.

b) Ansonsten stellt auch eben diese Tarifeinheit in gegebenen Fällen auch ein Problem dar. Da nach dem Tarifvertragsrecht Koalitionsfreiheit besteht, ist auch der Arbeitgeber wahlfrei, mit welcher Gewerkschaft er verhandelt. Im Siemens-Konzern hatte man hinter den Kulissen versucht, mit der sogenannten "Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger" eine arbeitgebernahe Gruppe aufzubauen, die als Ansprechpartner den DGB ersetzen sollte. Andere Gewerkschaften, die Arbeitgeber gerne instrumentalisieren, sind die sogenannten "christlichen Gewerkschaften", die von führenden CDU-Mitgliedern gegründet wurden, um den Arbeitgebern eine Alternative an die Hand zu geben. Diese Gewerkschaften haben zum einen wenig Macht, da sie nur wenige Mitglieder vertreten, und sind zum anderen sehr arbeitgeberfreundlich, so daß Tarifabschlüsse mit diesen Gewerkschaften zu deutlichen Verschlechterungen für alle Beschäftigten geführt haben (Übrigens von "Panorama" selbst berichtet, vgl. Dumpinglöhne - wie christliche Gewerkschaften die Arbeitnehmer verraten, abgerufen am 16.11.2007; und "Report Mainz", "Dumpinglohn nach Tarif", abgerufen am 26.02.2008; siehe dazu auch unten).

c) Zum anderen sollten wir uns die Situation in Großbritannien unter Thatcher in den 1980er Jahren vor Augen führen: Thatcher bezeichnete Anwandlungen von einem Sozialstaat wahlweise als "Sozialismus" oder als "faschistisch[.]", diejenigen, die auf seine Leistungen angewiesen waren, als "Versager" oder Schwächlinge. Thatcher wollte die "Gesellschaft" als solche abschaffen und einen radikalen Individualismus einführen. Den Bergarbeiterstreik von 1984/85 hatte die Regierung ein Jahr lang ausgesessen und nicht nachgegeben - bezeichnenderweise verglich Thatcher die Gewerkschafter mit Argentinien, gegen das man gerade den Falklandkrieg gewonnen hatte -, während die streikenden Gewerkschaften ihrerseits solange die Interessen der Arbeitnehmer hatte durchsetzen wollen, bis ihnen das Genick gebrochen war. In der Folge konnten ohne Widerstand Privatisierungen etwa von Bahnverkehr, Krankenhäusern, Wasserversorgung und Altersvorsorge betrieben werden. Mit der Folge, daß die Qualität der genannten ehemals staatlichen Dienstleistungen häufig genug unterirdisch wurde: Da nur die Rendite interessierte, unterblieben jahrzehntelang Investionen am Streckennetz der Bahn (vgl. John+Weissensteiner 2003). Dies ist letztlich die Ursache für verschiedene Zugunfälle, die zahlreiche Menschen das Leben kosteten (vgl. Wicks 2004). Gleichzeitig nahmen die Kosten für die Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen drastisch zu: In Großbritannien mit der Bahn zu fahren ist nicht mehr billiger als mit dem Auto. Ältere Menschen kommen aus pauschalen Kosten-Nutzen-Erwägungen für bestimmte medizinische Behandlungen nicht mehr in Frage. Infolge der Privatisierung der Altersvorsorge stehen heute Hunderttausende Arbeitnehmer in Großbritannien ohne eine Rente da (vgl. "Modell Großbritannien?", abgerufen am 09.03.2008). Bis heute hat sich Großbritannien von diesen "segensreichen" Privatisierungen offensichtlich nicht erholt.

Im Nachhall der Privatisierungen unter Thatcher erhöhte die Zahl der Arbeitslosen um einen Faktor 2.5 von 1.3 auf 3.3 Millionen, der Anteil der Armen an der Gesellschaft verdreifachte sich von 7 auf 21 Prozent. Neue Arbeitsplätze wurden erst viel später geschaffen und man arbeitete unter deutlich schlechteren Bedingungen als zuvor, was die Löhne und den Kündigungsschutz anging. Das Phänomen der "working poor", von Arbeitnehmern, die von ihrer Arbeit nicht leben können, trat in Europa zuerst in Großbritannien auf. Auch dadurch vergrößerte sich die Einkommensungleichheit in Großbritannien. Dank der "Jobseeker's Allowance", die 1996 eingeführt wurde, fallen Arbeitslose mittlerweile nach sechs Monaten in die Sozialhilfe (zum Vergleich: in Deutschland je nach Alter 12 bis 18 Monate, vgl. Wikipedia: Arbeitslosengeld I, abgerufen am 09.03.2008). Dies gibt selbst die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" zu, lobt allerdings weiterhin die neoliberale Politik Thatchers als "Vorbild" (vgl. Kastendiek 1999; John+Weissensteiner 2003; "Wachstum: Vorbild Großbritannien", abgerufen am 09.03.2008).

In Deutschland sind vergleichbare Folgen der Privatisierungen auf dem Strommarkt bereits deutlich sichtbar. Die Jahre seitdem haben erhebliche Erhöhungen der Strompreise bei gleichzeitiger Verschlechterung der Verfügbarkeit mit sich gebracht. Konzerne erhöhen durch künstliche Verknappung an der Strombörse die Energiepreise künstlich, lassen sich längst amortisierte Anlagen von den Kunden gleich mehrfach bezahlen und führen andererseits kaum nennenswerte Investitionen durch, was in den letzten Jahren mehrfach zu großflächigen und länger andauernden Stromausfällen geführt hat.

d) Letztlich soll mit der Berichterstattung ansonsten auch verschleiert werden, daß es weniger darum geht - oder zumindest gehen sollte -, ob die Lokführer letztlich fünfzig Euro mehr oder weniger Lohn bekommen, sondern darum, daß letztendlich für die Arbeitnehmer nicht mehr akzeptabel ist, in 12- oder 14-Stunden-Schichten zu arbeiten. Die Forderung nach mehr Lohn wurde vor allem auf propagandistische 30% hochgerechnet, um von vornherein die Akzeptanz für den Streik in der Bevölkerung, in der viele Menschen doch überhaupt froh sind, noch einen Arbeitsplatz zu haben, der sie ernähren kann, nach unten zu korrigieren.

Auch der Streik der Ärzte im Jahr 2006 drehte sich weniger um Geld als vielmehr um eine menschenwürdige Arbeitszeit. Ärzte wollten - auch im Interesse ihrer Patienten, die zurecht eine erstklassige Behandlung erwarten und nicht von einem Arzt behandelt werden wollen, der wegen Übermüdung agiert wie ein Betrunkener - nicht mehr länger hinnehmen, 24-Stunden-Dienste schieben zu müssen. Man kann nicht argumentieren, daß Ärzte sich den Beruf ausgesucht hätten und entsprechend die Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen müßten. Denn die menschliche Arbeitskraft kann nicht rein ökonomisch betrachtet werden. Der Mensch hat ganz unabhängig von seiner Tätigkeit und von der Motivation, mit der er sie ausübt, eine physiologische Leistungsgrenze, die regelmäßig zu überschreiten ihn letztendlich krank macht (vgl. Holtbrügge 2005, S.135). Nicht umsonst haben viele Ärzte Probleme mit Alkohol oder Drogen.

Wie es der Zufall so wollte, machte allerdings "Frontal 21"-Moderator am 13.11.2007 die Ärzte, die für sich eine Anrechnung von Bereitschaftsdiensten als Arbeitszeiten erkämpft hatten, auch gleich dafür verantwortlich, daß die Krankenhäuser durch Entlassungen von Pflegepersonal und die damit verbundene Verschlechterung der Qualität die zusätzlichen Kosten wieder reinzuholen versuchten (vgl. "Gefährdete Patienten", abgerufen am 13.11.2007). Nicht erwähnt wurde, daß am 01.01.2004 die Krankenhausfinanzierung auf Fallpauschalen umgestellt wurde, die damit nicht mehr an den Erfordernissen des Kranken, sondern an einem "Normalkranken" ausgerichtet ist. Verschwiegen wurde allerdings z.B., daß die Krankenhausärzte im Gegenzug auch bereit waren, länger als zuvor zu arbeiten (40 statt 38.5 Stunden; vgl. "Ärztestreik in Deutschland", abgerufen am 13.11.2007).

2.3.2.3 Im Kampf für "Hartz IV"

Die konservativ geprägten Fernsehmagazine, die über "Hartz IV" und dessen Auswirkungen berichten, bringen es auch fertig, gleichzeitig die "Hartz-Reformen" zu loben und ein Festhalten an ihnen zu fordern und gleichzeitig gegen deren Auswirkungen zu sein. Damit machen sie sich allerdings auch nur zu Unterstützern anderer Kreise, die schon lange der Meinung sind, daß die Einschränkungen des menschlichen Lebens, die "Hartz IV"-Empfängern verordnet werden, nicht weitgehend genug seien. So sollten nach Plänen der CDU/CSU bereits im Jahr 2006 die "Anreize zur Arbeitsaufnahme" bei Langzeitarbeitslosen "erhöht" werden, indem man bei Ablehnung von Arbeits- (dabei ist im O-Ton des "Agenda"-Kanzlers Schröder bekanntlich "jede Arbeit [...] zumutbar") oder Fortbildungsangeboten die Bezüge noch deutlich drastischer gekürzt werden sollten (vgl. "Hartz-IV-Kürzung: Struck torpediert Unions-Pläne", abgerufen am 14.11.2008). Und auch die Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Diakonie und Deutsches Rotes Kreuz) forderten damals indirekte Kürzungen des "Hartz IV"-Satzes, indem etwa verbliebene Vermögenswerte noch deutlicher als bisher in die Berechnung (oder vielmehr: die Versagung) der Ansprüche einbezogen werden sollten (vgl. "Langzeitarbeitslose: Wohlfahrtsverbände fordern Kürzung bei Hartz IV", abgerufen am 14.11.2008). Zu solchen Forderungen gesellen sich neben Medienberichten, die eine negative Meinung über "Hartz IV"-Empfänger herstellen, auch Studien, die der Ermittlung des "Grundsicherungsbedarfs" dienen sollen und zumindest den Befürwortern einer Kürzung eine Argumentationsgrundlage liefern, dabei aber bereits auf nicht nachzuvollziehenden Ausgangszahlen beruhen.

1. So berichtete "Fakt" am 05.11.2007 mit dem Titel "Verlorene Kinder" darüber, daß die Kinder, die unteren Schichten entstammten, geringere Chancen hätten als andere Kinder. Dargestellt wurden die Lebensverhältnisse einer alleinerziehenden Mutter und ihrer drei Kinder, die von "Hartz IV" leben müssen, und die Überforderung der Mutter mit ihren Kindern dahingehend, daß sie diesen nicht die elementaren Lebensfähigkeiten vermitteln könne. Allerdings wurde im Bericht die Herstellung der "Chancengleichheit" in der Gesellschaft auch wieder primär auf die Eltern bezogen, die häufig selbst schon in ähnlichen Verhältnissen aufgewachsen waren oder das wenige Geld nicht einteilen könnten (vgl. Verlorene Kinder; abgerufen am 05.11.2007).

Allerdings stellt dies ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. So ist bereits aus der PISA-Studie bekannt, daß je nach ihrem Wohnort Kinder aus oberen Schichten bis zu 14-mal, im Schnitt aber zumindest 3.6-mal höhere Chancen haben, bei gleichem Leistungsstand ein Gymnasium zu besuchen als Kinder aus unteren Schichten (vgl. "Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland", abgerufen am 16.11.2007; Geißler 2006, S.41f.). Diese Ungleichheit, als Mensch, der in Armut leben muß, nur dann beachtet zu werden, wenn man sich mehr anstrengt als alle Anderen, kann zu dem Bewußtsein führen, daß es in der Gesellschaft auf einen selbst nicht ankommt, weil die Leistung, die man erbringen kann, nicht gerecht gewürdigt wird. Dieses Bewußtsein ist sogar dort ausgeprägt, wo es nicht explizit eingefordert wird. So tendieren Mitglieder niedriger sozialer Schichten und auch viele Menschen auf dem Land dazu, ihre Kinder auch bei hohen Leistungen in niedrige Schulformen zu entsenden, weil sie der Meinung sind, ein niedrigerer Abschluß reiche aus oder könne später immer noch aufgestockt werden (vgl. Geißler 2006, S.41f.; Theile 2007, S.51). [Beides ist objektiv gesehen nicht der Fall, die schulische Karriere mit der Selektion in der vierten Klasse fast immer festgelegt.] In diesen Menschen ist scheinbar das z.B. von Weiß eingeforderte "Bescheiden mit dem Möglichen" (siehe I.2.1) bereits tief verinnerlicht. Jedenfalls führt dies dazu, daß die Zugehörigkeit zu unteren Schichten letztlich erblich wird.

2. Weiterhin ist diese Berichterstattung dann sogar widersprüchlich. So wurde hier dargestellt, daß durch "Hartz IV" eine wachsende Armut entstehe, daß "Hartz IV"-Empfänger sich und ihre Familien schlecht ernähren, weil das Geld nicht ausreicht, um eine gesunde Ernährung bereitzustellen. Auch in einem weiteren Bericht wurde beklagt, daß Menschen - in diesem Falle Subunternehmer der Deutschen Post, die offiziell für die Einführung eines Mindestlohns spricht - für ihre Arbeit mit Hungerlöhnen entgolten werden ( ). Andererseits aber stemmte man sich in verschiedenen vorherigen Berichten und sogar in derselben Sendung ("Linksruck in der CDU") vehement dagegen, daß "Hartz IV"-Empfänger auch mehr Geld oder zusätzliche Förderung erhalten. In diesem Zusammenhang vollends schizophren war dann ein Bericht in "Frontal 21" vom 27.11.2007, worin festgestellt wurde, daß seit der Berechnung des Regelsatzes der "Hartz IV"-Empfänger bereits 26 Euro an Kaufkraft verloren hat und kaum die Möglichkeit hat, für sich die nötigsten Ausgaben zu bestreiten, noch abgesehen von einem robusten Paar Winterschuhe oder einem Weihnachtsgeschenk für seine Kinder (vgl. [Frontal21/H4]). Die Paradoxie entstand dabei dadurch, daß man zuvor propagiert hatte, daß wer Verbesserungen der "Arbeitsmarktreformen" fordere, die für die Arbeitslosen primär in einer Verschlechterung bestanden, die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands aufs Spiel setze.

In diesem Kontext ergeben sich zwei Möglichkeiten. Besonders interessant ist der Nachvollzug, auf welche Gewährsleute bei diesen Argumentationen zurückgegriffen wurde. Ortlieb (2004) sieht die Präsentation vieler Modelle, die Ökonomen verwenden, um die eine oder andere Sicht auf die Auswirkungen zum Beispiel von Mindestlöhnen zu begründen, als ideologisch motiviert, da mitunter zuvor sogar ihre Verwender vielfältig selbst die Voraussetzungen, unter denen diese Modelle angewendet werden können, als unrealistisch erkannt haben (vgl. Ortlieb 2004, S.21f.).

2.3.2.3.1 ...und gegen einen Mindestlohn

Vielleicht war man gegen den Mindestlohn, und der Tenor des Berichts sollte vielmehr lauten, daß selbst diejenigen, die sich für einen Mindestlohn einsetzen, es nicht schafften, mit diesem wirtschaftlich zu arbeiten. Um wiederum mit demselben Tenor zu arbeiten: "Wer mit 4.50 Euro pro Stunde nicht auskommt, soll sich gefälligst mehr einschränken".

a) Schließlich hatte man ja bereits im Zusammenhang mit dem Streik der Lokführergewerkschaft GdL in seiner Argumentation auf einen Mitarbeiter des wirtschaftsnahen ifo-Institutes zurückgegriffen, der es als ein Unding bezeichnet hatte, der GdL in ihren Forderungen entgegenzukommen, weil, ginge die Bahn darauf ein, Deutschland angeblich durch Streiks von Kleingewerkschaften lahmgelegt werde (s.o.).

Das ifo-Institut hatte seinerseits ebenfalls eine Studie veröffentlicht, in welcher behauptet wurde, die Einführung eines Mindestlohns schädige die deutsche Wirtschaft und führe zu einer Zunahme der Arbeitslosigkeit (vgl. Wikipedia: Mindestlohn, abgerufen am 23.11.2007). Tatsächlich ist der Mindestlohn ein ökonomisch komplexes Phänomen, und es ist in dem Sinne nicht eindeutig, ob die Einführung eines Mindestlohns tatsächlich negative Wirkungen hätte.

2.3.2.3.1.1 Die volkswirtschaftliche Sicht

Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird im Sinne der klassischen Phillips-Kurve (vgl. Schierl 2003, S.19f.) zum Beispiel zwar argumentiert, daß eine Erhöhung von Löhnen mit einer größeren Arbeitslosigkeit korreliert sei. Allerdings ist aber auch das Gegenteil der Fall, d.h. daß eine höhere Arbeitslosigkeit zu einer negativen Entwicklung der Löhne führt (vgl. Schierl 2003, S.19f.). Geht man nun davon aus, daß die "Hartz-Reformen" zu einer realen Erniedrigung der Löhne geführt haben, müßte man daraus folgern, daß die reale Arbeitslosigkeit zugenommen hat.

[Allerdings gibt es auch einen korrelativen Zusammenhang zwischen der Abnahme der Arbeitslosigkeit und einer höheren Inflation. Wenn also aktuell eine höhere Inflationsrate festgestellt wird, würde man gleichermaßen argumentieren können, die Arbeitslosigkeit habe abgenommen. Weiterhin könnte man argumentieren, die Lohnsteigerungen, die es gegeben hatte, seien nicht durch einen Zuwachs an Produktivität gedeckt gewesen und hätten entsprechend zu einer höheren Inflation geführt. Allerdings gehen a. in die Inflation tatsächlich starke Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie ein (vgl. "Lebensmittel- und Energiekosten treiben Inflation auf 13-Jahres-Hoch", abgerufen am 29.11.2007), und b. würde die letztere Argumentation wiederum wie zuvor bedeuten, daß höhere Löhne auch mit einer höheren Beschäftigung verbunden sind, ganz im Gegensatz zu der Argumentation des ifo-Institutes. Die einzelnen Größen sind allerdings nicht nach freier Wahl gegeneinander austauschbar. Nach Martschin (2006) gilt dies nur dann, wenn man einen Mindestlohn (dort als "Nominallohnstarrheit nach unten" bezeichnet) annimmt (vgl. Martschin 2006, S.49). Im Sinne der sog. "Lucas-Kritik", wird selbst dies nicht als möglich angesehen, da bei Akteuren die sogenannte "Geldillusion" auftritt, nach der Akteure - bei niedrigerer Inflationsrate um so mehr - ihre ökonomischen Entscheidungen nicht an realen Größen (z.B. relativen Preisen), sondern an nominellen Größen (z.B. Preisen in Geldeinheiten) ausrichten (vgl. Beissinger+Knoppik 2003, S.3f.,22f.).]

[Weiterhin wird auch geäußert, daß auch die Verringerung der Arbeitslosigkeit eine Inflation bewirke, nämlich wenn gleichzeitig Lohnerhöhungen aufträten.]

Aus der Sicht der Keynesianer führt die Einführung eines Mindestlohns durch Geldmengenexpansion und damit Inflation (vgl. "Konjunktur Euroland", abgerufen am 12.02.2008) zu einer höheren Arbeitslosigkeit (vgl. Rupp 2000, S.34). Nach James Tobin verhindert aber bei einem gegebenen Mindestlohn eine nennenswerte Inflation gerade die Zunahme der Arbeitslosigkeit (vgl. Beissinger+Knoppik 2003,S.3). Dies konnte zum Beispiel für Deutschland und Italien bestätigt werden (vgl. ebd., S.22).

Andererseits stellt die sog. monetärkeynesianische Theorie die These auf, daß das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ohne Mitwirkung des Arbeitsmarktes zustandekommt und es daher keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Lohnniveau und der Beschäftigung gibt. Sie sieht vielmehr dem umgekehrten Zusammenhang, daß nämlich der Grad der Beschäftigung das Lohnniveau bestimmt. Die Herstellung eines höheren Einkommensniveaus sieht sie daher als direkt mit der Herstellung eines höheren Beschäftigungsniveaus und damit einer geringeren Arbeitslosigkeit assoziiert. Umgekehrt führt eine Senkung des realen Lohnniveaus, wie sie momentan - auch "dank" der Hartz-Reformen - in Deutschland stattfindet (vgl. ), zu einer sinkenden Nachfrage und damit zu einer höheren Arbeitslosigkeit (vgl. S.138f.,163,184-186).

2.3.2.3.1.2 Empirische Studien

Auch empirische Studien liefern hier geteilte Ergebnisse. So findet etwa die Hälfte der Studien, daß die Einführung eines Mindestlohns keine negativen Auswirkungen hätte, oder bescheinigt sogar positive Effekte, daß also auch neue Arbeitsplätze geschaffen würden. In anderen Ländern, in denen ein Mindestlohn eingeführt wurde, wurde außerdem festgestellt, daß sich das untere Lohnniveau sogar signifikant oberhalb des Mindestlohns einpendelte (vgl. Wikipedia: Mindestlohn, abgerufen am 13.11.2007). Im Sinne von Beissinger+Knoppik (2003) läßt sich dies darauf zurückführen, daß Menschen nicht bloße "Arbeitsmaschinen" sind, sondern auch eine Vorstellung von Lohn- und Behandlungsgerechtigkeit einbringen (vgl. Beissinger+Knoppik S.8). Ansonsten ist damit das Argument der Gegner eines Mindestlohns nicht zu motivieren, daß sie dadurch wirtschaftlich geschädigt würden, da ansonsten Betriebe ja kämpfen müßten, um überhaupt den Mindestlohn zu bezahlen, und sich kaum erlauben könnten, zum Teil jahrzehntelang über diesen Mindestlohn hinauszugehen. Auch konnte gezeigt werden, daß gerade Geringverdiener einen großen Teil eines Lohnzuwachses wieder in Konsum umsetzen, der sich für die Wirtschaft positiv auswirkt (vgl. "Arbeitnehmer sind keine Artischocken", abgerufen am 15.02.2008).

2.3.2.3.1.3 Der Mindestlohn aus Sicht der christlichen Arbeitgeber und Gewerkschaften

Schließlich erlangt die Auseinandersetzung um Mindestlöhne auch eine ethische Perspektive. So versuchen Ökonomen ggf., der Wirklichkeit die Eigenschaften aufzuprägen, die notwendig sind, damit ihre Modelle gültig sind (vgl. Ortlieb 2004, S.7f.).

So wird zum Beispiel massiv versucht, gegen Mindestlöhne zu kämpfen, indem andere kategorische Begriffe in die Diskussion mit eingebracht werden. Die Arbeitgeber in der Leiharbeitsbranche führten etwa die Tarifautonomie ins Feld, um davon abzulenken, daß sie mit sogenannten "christlichen Gewerkschaften" Tarifverträge geschlossen hatten, die eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit sich brachten. Ansonsten warnten sie auch vor der Gefahr, die durch die gesetzliche Vorschrift entstehe, daß Zeitarbeitnehmer so bezahlt werden müßten wie die regulären Arbeitnehmer am gleichen Arbeitsplatz, was bis heute längst noch nicht überall der Fall ist (vgl. "Informationen am Mittag", Deutschlandfunk, 12.02.2008).

Die Kritik der Zeitarbeitgeber zeugt allerdings von einer ziemlichen Dysfunktionalität und nachgeraden Gesetzeswidrigkeit des Handelns der Zeitarbeitgeber. Gerade eine soziale Marktwirtschaft soll ja für eine gewisse Gerechtigkeit sorgen, die nicht unbedingt gegeben ist, wenn Arbeitgeber mit im Betrieb unterrepräsentierten und dementsprechend machtlosen oder mit uneingeschränkt arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaften Tarifverträge eingehen, die dann aber - wie häufig in Deutschland (vgl. Holtbrügge 2005, S. 59) - für die gesamte Belegschaft gelten sollen. Eine etablierte Eigenschaft des Wirtschaftssystems wie die Tarifautonomie darf jedenfalls auch nicht dazu gebraucht werden, Ungerechtigkeiten zu zementieren. Ansonsten stellt ein Tarifvertrag ebenso immer nur einen Mindeststandard dar, der von seiten der Arbeitgeber zu erfüllen ist. Verbesserungen dieser Bedingungen sind den Arbeitgebern allerdings durchaus erlaubt (vgl. ebd., S.59).

2.3.2.3.1.4 Die "Argumentationen" des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW)

Eine andere kritische Argumentationslinie in diesem Zusammenhang ist der Versuch, die Notwendigkeit eines Mindestlohns "kleinzurechnen". Das Magazin "Kontraste" behauptete am 10.04.2008 im Rückgriff auf eine Argumentation des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), die Debatte um den Mindestlohn sei ideologisch geführt worden. Von Seiten der Linken sei im Sinne einer "Klassenkampfmentalität" behauptet worden, (vgl. "Falsche Zahlen bei der Mindestlohn-Debatte", abgerufen am 11.04.2008).

Das DIW hatte bereits in der Vergangenheit von sich reden gemacht, weil bei seinen Untersuchungen nicht nach korrekten Maßstäben gearbeitet worden war. Als Konsequenz wurde das Institut im Jahr 2007 für drei Jahre aus dem Expertenpanel herausgenommen, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums Konjunkturprognosen erstellt. Woher wohl der Wind weht, wenn das DIW dann propagierte, es sei Opfer einer "Kampagne", die "aus linken keynesianischen Kreisen geführt" werde (vgl. http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID7042524,00.html, abgerufen am 11.04.2008)?

Wenn man sich schließlich die Argumentation im Bericht selbst ansieht, so fallen ebenfalls eklatante Mängel auf. So wurde versucht, mit "Milchmädchenrechnungen" die Zahl der "Aufstocker", die vermeintlich von der Einführung eines Mindestlohns profitieren konnten, möglichst gering zu halten.

a) So wurde etwa behauptet, Studenten würden zusätzlich zu ihrer "staatlichen Unterstützung" noch Geld dazuverdienen und würden deshalb nicht von einem Mindestlohn profitieren. Zum einen erhalten aber nur ca. 25% der Studenten überhaupt Ausbildungsförderung, und auch diese beträgt im Mittel gerade 375 Euro, für Schüler 301 Euro (vgl. Wikipedia: Bafög, abgerufen am 10.04.2008). Die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Studenten betragen aber 700 Euro pro Monat (vgl. [Studie der dt. Studentenwerke 2008]). Zum anderen schließt der Bezug von Ausbildungsförderung den Bezug von Leistungen nach "Hartz IV" aus (vgl. ). Studenten können also gerade nicht "aufstocken".

Auf diese Art und Weise wurde allerdings die Zahl der Arbeitnehmer, die von einem Mindestlohn profitieren, von der oberen Schätzung von zwei Millionen auf gerade einmal 15000 kleingerechnet.

b) Paradox war auch die Darstellung, geringfügig Beschäftigte und Menschen, die in Teilzeit arbeiten, würden nicht von einem Mindestlohn profitieren. Es mag sein, daß durch eine finanzielle Aufwertung ihrer Tätigkeit sie nicht nennenswert mehr Geld erhalten würden oder es im Falle von geringfügige Beschäftigten sogar eine absolute Grenze gibt. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, daß Arbeitsentgelt auch eine psychologische Komponente hat: Menschen, die für ihre Tätigkeit einen Lohn erhalten, der ihnen ein Leben ohne zusätzliche Unterstützung erlaubt, haben eine deutlich höhere Motivation und ein höheres Selbstwertgefühl (vgl. ).

c) Die Ergebnisse des DIW sind in dieser Hinsicht außerdem diametral entgegengesetzt zu verschiedenen anderen - und sinnigerweise auch eigenen - Untersuchungsergebnissen des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (vgl. Kalina+Weinkopf 2008). Darin heißt es, daß mittlerweile 22% der Arbeitnehmer in Deutschland Niedriglöhne (im Westen unter 9.61, im Osten unter 6.81 Euro) beziehen - dies entspricht rund 6.6 Millionen Menschen (vgl. Kalina+Weinkopf S.2f.). Nicht einmal mitgezählt sind offenbar die Arbeitnehmer in Ostdeutschland, die zwischen 6.81 und der von den Gewerkschaften intendierten ersten Mindestlohnstufe von 7.50 Euro erhalten. Von Niedriglöhnen betroffen sind dabei ca. 14% der Vollzeitbeschäftigten, 23% der Teilzeitbeschäftigten und 92% der Minijobber (vgl. ebd., S.5f.). In der Studie festgestellt wurde auch, daß das Problem nicht etwa kleiner wird, sondern allein zwischen 2004 und 2006 die Niedriglohnbeschäftigung um 10% zunahm. Im Jahr 2006 bezogen 1.9 Millionen der Niedriglohnempfänger noch Bruttolöhne unter 5 Euro pro Stunde (vgl. ebd., S.4f.).

Nach dem Armutsbericht der Bundesregierung 2008 hat jeder achte - inklusive der Empfänger von Sozialleistungen jeder vierte - Deutsche pro Monat weniger als 781 Euro netto zur Verfügung, so ergibt sich hier eine Diskrepanz. Interessanter noch, hatte das DIW selbst April 2008 selbst einen Anteil von 14.9 Prozent errechnet, die weniger als 870 Euro netto zur Verfügung haben (vgl. Armutsbericht der Regierung: Jeder achte Deutsche ist arm, abgerufen am 19.05.2008). Zum Vergleich hat ein Arbeitnehmer, der vollzeitig zum Mindestlohn von 7.50 Euro brutto arbeitet, monatlich bereits etwa 1000 Euro netto. Von einem Mindestlohn würden vermutlich also mehrere Millionen Menschen profitieren.

d) Auch ist diese Argumentation schlichtweg absurd: Wenn bereits heute viele der "Aufstocker" erheblich mehr Lohn erhielten als den von den Gewerkschaften angepeilten Mindestlohn von 7.50 Euro pro Stunde, können das DIW und die Arbeitgeber nicht argumentieren, die Einführung eben dieses Mindestlohns von 7.50 Euro schmälere ihre Chancen im Wettbewerb (vgl. Faigle 2005).

e) In diesem Zusammenhang interessant war, daß das DIW selbst mit anderen Studien – die im übrigen im Auftrag der gewerkschaftsnahen und damit als „links“ wahrgenommenen Hans-Böckler-Stiftung erstellt wurde - aufgezeigt hatte, daß „Hartz IV“ und die damit verbundene Forderung, daß wer diese staatliche „Unterstützung“ haben wolle, zunächst sein Vermögen aufbrauchen müsse, zu einer zunehmenden Verarmung der Bevölkerung und zur Ausdehnung der „Schere“ zwischen Arm und Reich beigetragen hatte (vgl. "Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter", abgerufen am 24.01.2009). Schließlich mußten so auch die Konservativen eingestehen, daß „Hartz IV“ die Menschen ökonomisch beschädigt hatte.

Ebenso paradox wie Unternehmen anläßlich der „Weltfinanzkrise“ Tausende kaufkräftiger Arbeitnehmer entlassen, obwohl doch immer davon gesprochen wird, daß die Patentlösung für die Krise es wäre, ihnen mehr Geld zu geben, damit sie mehr konsumieren könnte, wurde dadurch Wirtschaftskraft vernichtet und ein Teufelskreis in Gang gesetzt.

2.3.2.3.1.5 Die Studie von Thießen und Fischer (TU Chemnitz)

"Der Vorteil von Mangelernährung ist, daß die Lebenserwartung drastisch sinkt."
(Hella Hilgenberg auf www.tacheles-sozialhilfe.de, abgerufen am 03.09.2008)

Eine im Jahr 2008 veröffentliche Studie der TU Chemnitz propagierte, daß der "Hartz-IV"-Regelsatz, der von Betroffenen wie von Sozialverbänden in der Regel als deutlich zu gering kritisiert wird (vgl. Theißen und Fischer 2008b, S.27), zumindest im Lichte der aktuell mit "Hartz IV" verbundenen sozialpolitischen Ziele, mehr als ausreichend sei (vgl. ebd., S.29f.). Diese Studie mag trotz ihrer diversen Fehler dennoch vielen insbesondere Konservativen, die weitere Verschärfungen der bestehenden Regelungen fordern, als eine Argumentationsgrundlage dienen. Um so wichtiger wird es sein, diese aus der Sicht der wirtschaftlichen und persönlichen Realität zu diskutieren. Thießen und Fischer legten für ihre Betrachtung einen fiktiven sich rational verhaltenden Marktteilnehmer zugrunde, der in der Stadt Chemnitz lebt, und berechneten auf dieser Basis die monatlichen Lebenshaltungskosten für einen angenommenen minimalen Lebensstandard ("Minimalfall") bzw. für übliche "deutsche Verbrauchsgewohnheiten" ("Maximalfall") (vgl. Theißen und Fischer 2008b, S.-15). Als ein "realistischer Bedarf" wurde hier bei untersten Ansprüchen (von der Wohnungsmiete abgesehen) ein Beitrag von 132, für einen angenommenen Maximalfall von 278 Euro kalkuliert (vgl. Theißen und Fischer 2008b, S.26). Der "Hartz-IV"-Regelsatz von (ausschließlich Miete) für den Osten Deutschlands ursprünglich 331 bzw. seit dem 01.07.2007 bundeseinheitlich 347 Euro (vgl. ebd., S.4, Anm.2) sei also deutlich zu großzügig bemessen, auch ein Ansatz zu den oben genannten Beträgen "vertretbar" (vgl. ebd., S.18), um ein "physisches Existenzminimum" zu erhalten (vgl. Theißen und Fischer 2008a, S.6). Allerdings könnte dieses auch die Resignation der Menschen noch weiter vergrößern: In der Psychologie gibt es u.a. auch die sog. Frustrations-Regressions-Hypothese. Diese besagt, daß dauerhaft nicht befriedigte Bedürfnisse auch dauerhaft ihre Motivationswirkung verlieren und der Wunsch nach Befriedigung niederwertigerer Bedürfnisse relevanter wird (vgl. Freudenthaler 2007, S.8f.+S.17). Ein Langzeitarbeitsloser würde sich also letztlich auch darin "einrichten", nur noch seine physiologischen Grundbedürfnisse (vgl. dazu die "Bedürfnispyramide" von Maslow, etwa Freudenthaler 2007, S.8f. und komplexer Huitt 2004) zu decken. Dies scheinbar ganz unabhängig davon, wie hoch der Regelsatz letztendlich ist, würde er also immer mehr "hinter dem Leben herjagen".

a) Allerdings wurden die entsprechenden Kosten für die einzelnen Punkte im Mai 2006 erhoben (vgl. Thießen und Fischer 2008b, S.3, Anm.2) und entsprechen damit nicht dem aktuellen Stand, nachdem es diverse Preissteigerungen bis teilweise zur Verdopplung insbesondere für die Energiekosten und Lebensmittel gegeben hatte (vgl. "Die Sarrazin-Diät (oder: Senatorkost?)", abgerufen am 03.09.2008). Auch dürfte es wohl kaum der Lebenswirklichkeit von "Hartz-IV"-Empfängern entsprechen, sein denkbar knappes Budget nach einem einigermaßen festen Schlüssel auf die verschiedenen Posten aufzuteilen.

b) Für Geräte wie Küchenherd und Kühlschrank hier eine fiktive Lebenserwartung von 10 Jahren (entsprechend einem Bedarf von 0.0083 Geräten pro Monat) (vgl. Thießen und Fischer 2008b, S.23), für Fernsehgeräte eine Lebenserwartung von fünf Jahren angesetzt (entsprechend einem Bedarf von 0.0167 Geräten pro Monat), über die sich das Ansparen für ein Ersatzgerät verteilen solle (vgl. Thießen und Fischer 2008b, S.24). Die Väter des "Hartz-IV"-Regelsatzes gingen sogar davon aus, daß Geräte unendlich lange halten, da den geltenden Bestimmungen nach zwar eine Erstausstattung bezahlt wird, nicht aber ein Ersatz eventuell defekter Geräte.

c) Kritik am "Homo oeconomicus"-Ansatz. Die Annahme eines sich rational verhaltenden Menschen entspricht allerdings nicht der Konsum-Realität. In der Realität wird davon gesprochen, daß sich Menschen allenfalls "begrenzt rational" verhalten. Ein einfaches Beispiel dazu mag etwa sein, daß selbst ein "Hartz-IV"-Empfänger seine Nahrungsmittel nicht nach dem vorgeschriebenen Speiseplan, sondern nach Appetit einkauft und nicht bereit ist, fünf Tage hintereinander mittags von dem bei Aldi gekauften Kartoffelsalat zu essen, bloß um sein Ernährungsbudget einzuhalten, und dieser dann verdirbt (vgl. vgl. "Die Sarrazin-Diät (oder: Senatorkost?)", abgerufen am 03.09.2008). Dies wird von Thießen und Fischer in einer zynischen Betrachtung etwa damit begründet, daß der Mensch nicht die "analytische Kompetenz" (Grienberger 2001, S.139) hat, um das "unvernünftig[e] [W]irtschaften" zu erkennen (vgl. ebd., S.10f.).

Ein Mensch mit einem minimalen Budget wird vielleicht nicht jeden Monat Geld für eine Reparatur bzw. einen möglicherweise notwendigen Ersatz von Elektrogeräten im Defektfall zurücklegen, sondern erst im Falle eines Defektes versuchen, je nach Dringlichkeit durch Umverteilung und Einsparungen über einen kürzeren Zeitraum Geldmittel für einen Ersatz zu generieren. Zum Teil mag dies auch in der Annahme der unbegrenzten Lebenserwartung von Geräten selbst liegen. So wird z.B. die Ausfallwahrscheinlichkeit in der Regel als kaum relevant angenommen und entsprechend in der Verteilung des Budgets nicht berücksichtigt (vgl. dazu Grienberger 2001, S.180f.). Je weniger Budget ansonsten zur Verfügung steht, desto weniger Geld wird eine Person für "nicht unmittelbar lebensnotwendige" Dinge wie kulturelle Aktivitäten aufwenden. Der Schlüssel wird damit letztlich zu einem reinen "Überlebensschlüssel".

Auch was noch diesen angeht, wäre hier weiterhin zu fragen, ob ein angelegtes fiktives Einkaufsbudget von 132 Euro pro Monat und Person (vgl. Thießen und Fischer 2008b, S.17) tatsächlich ausreichend ist, um eine hinreichend gesunde und energiereiche Ernährung sicherzustellen. Dennoch werden derartige Vorschläge von der Politik begeistert aufgenommen: Im Bundestagswahlkampf 2009 äußerte beispielsweise der Berliner FDP-Spitzenkandidat Martin Lindner, die von der FDP versprochenen Steuersenkungen für die "Leistungsträger der Gesellschaft" - im Verständnis der FDP sind dies die Arbeitgeber -, ließen sich "natürlich" nur realisieren, indem man die "Hartz IV"-Sätze kürze, vorgeschlagen wurde hier eine Summe von 250 Euro (vgl. FDP-Politiker: Hartz IV um 30 Prozent kürzen", abgerufen am 04.07.2009). Nicht minder zynisch präsentierte Berlins Finanzsenator Thilo Sarazin Hilfebedürftigen ein sogenanntes "Hartz-IV-Menü", mit dem sich "Hartz IV"-Empfänger von dem im "Hartz-IV"-Regelsatz für Lebensmittel vorgesehen Budget angeblich bequem ernähren können sollten. Dabei wurde allerdings festgestellt, daß diese Menüs den Grundbedarf an Flüssigkeit, an Inhalt und für viele Menschen auch an Nährstoffen nicht decken, und konnte damit getrost als "Hungerration" bezeichnet werden (und außerdem angesichts der Preissteigerungen, siehe (a), auch nicht einmal diese "Sparmenüs" zum Regelsatz zu haben sind). Auch werden sich Menschen schlicht irgendwann weigern, nur Nahrungsmittel der billigsten Kosten bzw. der niedrigsten Qualität zu sich zu nehmen (vgl. "Die Sarrazin-Diät (oder: Senatorkost?)", abgerufen am 03.09.2008).

Ähnlich versuchen die Autoren der Studie hier in die Kalkulation einzugreifen, indem sie "Hartz-IV"-Empfängern (zumindest gedanklich) vorschreiben, "Genußmittel" wie Backwaren außer Brot (also Brötchen, Kuchen etc.), Süßigkeiten, Spirituosen oder Tabak aufzugeben, weil diese nicht "mit den Zielen der Sozialhilfe kompatibel" sei, "Hilfe zur Selbsthilfe" zu leisten (vgl. Theißen und Fischer 2008b, S.9) bzw. die Gesundheit zu erhalten (vgl. ebd., S.7f.). Vielleicht aber sollten die "Hartz-IV"-Empfänger aber auch einfach statt Geldmitteln einzulösende Lebensmittelkarten oder direkt Naturalien erhalten, um einen derartigen "Mißbrauch" zu verhindern. In der Minimalkalkulation wird weiterhin angenommen, daß die "Hartz-IV"-Empfänger Leitungswasser trinken (vgl. ebd., S.11), was aber nach gesundheitlichen Erwägungen - nicht an jedem Ort ist Leitungswasser trinkbar - bzw. "typischen Konsumgewohnheiten" - die Deutschen bevorzugen Wasser mit Kohlensäure - vielleicht nicht akzeptabel ist.

[Andererseits, so die Interpretation von Schimank, wäre gerade die Vorstellung, der Mensch teile sein Budget nach einem bestimmten Schlüssel, etwa dem von den Autoren angegebenen, auf, gerade wieder nicht der Theorie des homo oeconomicus entsprechend. Er würde zwar in einer Welt knapper Ressourcen leben. Aber er würde nicht nach objektiven Kosten und Nutzen planen, sondern nach subjektiven Erwartungen davon. Daneben würde er zukünftige Ereignisse diskontieren, d.h. letztlich als um so irrelevanter einstufen, je weiter sie in der Zukunft liegen (vgl. Schimank 2007, S.71ff., zit. nach Weimar-Medienmgt Kap.6, S.2).]

d) Die für die diversen Waren angesetzten Preisniveaus sind, wenn überhaupt, nur regional anwendbar, nämlich auf das Erhebungsgebiet der Stadt Chemnitz. So habe ich beispielsweise im Ruhrgebiet noch keinen Haarschnitt für sechs Euro (vgl. ebd., S.22) erlebt, sondern bestenfalls zum doppelten Preis. Auch für andere Produkte kann man ggf. solche Kostenfaktoren annehmen. In anderen Regionen Deutschlands dürften die Lebenshaltungskosten sogar noch erheblich höher sein. Wie ein selbst Betroffener daraufhin süffisant kommentierte, mag es ja auch eine sozialpolitische Idee sein, "Hartz-IV"-Empfänger in Orten anzusiedeln, an denen ihre Lebenshaltung billig zu bewerkstelligen sei.

Schließlich sind Haarschnitte für sechs Euro wohl auch nur dort zu erreichen, wo Friseuren ein Tariflohn auf einem ähnlichen Niveau gezahlt wird. Damit wird letztlich ein Mißstand gebraucht, um einen anderen zu rechtfertigen.

e) Wegrechnen besonderer Bedarfe. In die Kalkulation nicht eingeschlossen sind besondere Behandlungsbedarfe wie etwa für Krankheiten, die z.B. eine besondere Ernährung erfordern (vgl. ebd., S.10). Ebenfalls nicht eingeschlossen sind Elemente eines minimalen Komforts wie der Besuch eines Friseurs, Gardinen, die Anschaffung eines Wohnzimmertisches, Regenschirm, Bademantel, Bügeleisen, Trinkgläser, Kabel- oder Telefonanschlusses.

Weiterhin werden außerdem Dinge unrealistisch kleingerechnet. Ein Beispiel sind hier etwa die Schreibwaren, die notwendig wären, um z.B. die zwecks Fortführung der "Leistungen" vorzulegenden Bewerbungen oder eine Fortbildung zu bestreiten. Nach Urteilen kann die "Arbeitsagentur" von einem Leistungsempfänger bis zu 10 Bewerbungen pro Monat verlangen. Ihm erstattet werden allerdings nur 52 Bewerbungen pro Jahr (vgl. "Hilfe & News zu Hartz 4", abgerufen am 19.09.2008). Es ergibt sich also hier eine Diskrepanz von bis zu 68 Bewerbungen pro Jahr, die vom Leistungsempfänger selbst bestritten werden müssen. Unter der Annahme, daß ein "Hartz-IV"-Empfänger sich schriftlich mit Bewerbungsunterlagen bewürbe, ergäben sich für ihn pro Bewerbung etwa 10 Euro Kosten, bei E-Mail-Bewerbungen für den von Thießen und Fischer vorgegebenen "Königsweg", in der Stadtbibliothek ins Internet zu gehen, immer noch von etwa fünf Euro (vgl. Frankfurter Rundschau: "Erfolglose Bewerbungen kosten Milliarden Euro", abgerufen am 19.09.2008). Nehmen wir hier den Durchschnittswert von 7.50 Euro pro Bewerbung an, ergäben sich für den "Hartz-IV"-Empfänger Kosten von im Schnitt 75 Euro pro Monat, von denen 42.50 Euro ihm nicht erstattet werden. Thießen und Fischer setzen für die Benutzung der Stadtbibliothek 0.58 Euro und für die "schriftliche Kommunikation" einen Pauschalbetrag von 2.38 Euro pro Monat ab (vgl. Thießen+Fischer 2008b, S.25f.). (Vielleicht mag hierbei auch der Gedanke mitspielen, daß es für viele, insbesondere sehr lange, Arbeitslose ohnehin nicht unbedingt realistisch ist, wieder berufstätig werden zu können, und daß sich bei Zuwiderhandlungen die "Betreuer" in den "Arbeitsagenturen" keine Gedanken darum zu machen brauchen, daß die durch weitgehende Kürzungen ihrer "Unterstützung" Bestraften u.U. zugrundegehen könnten.)

Süffisanterweise werden auch "Hygieneartikel" wie Kondome in der Aufstellung (vgl. Theißen+Fischer 2008b, S.22f.) nicht aufgeführt. Vielleicht kommt Sexualität bei "Hartz-IV"-Empfängern nicht vor. Zumindest aber zeigt dies, daß es im Vorhinein gar nicht möglich ist, den Bedarf eines Menschen an G¨tern im vorhinein zu kalkulieren. Von Kindern gar nicht zu sprechen, deren Schulmaterialen nicht erfaßt werden (vgl. dazu die Ausführungen und Tabellen in ebd., S.9f.;12-14;23). Überhaupt wurde am "Hartz-IV"-Regelsatz kritisiert, daß besondere Bedarfe von Kindern und Jugendlichen, die sich eigentlich zu einem höheren Betrag als den für die Erwachsenen aufsummieren, nicht in die Berechnung mit einbezogen wurden, sondern vielmehr ein fiktiver anteiliger Kostensatz für diese festgelegt wurde, der es "Hartz-IV"-Empfängern ohne Subventionierung nicht einmal ermöglichen würde, daß deren Kinder an Schulessen für 2.50 Euro teilnehmen könnten (vgl. ). Die Autoren führen diese Argumentationslinie schließlich fort, indem sie schließlich argumentieren, daß ausgehend von den Minimalkosten alle Sonderbedarfe mit dem regulären Regelsatz abgedeckt werden könnten (vgl. Thießen und Fischer 2008b, S.29).

f) Zwangsarbeit als Errungenschaft? Schließlich reihen die Autoren noch die sog. "Arbeitshäuser" in die "Kleine Geschichte der Sozialhilfe" ein (vgl. Thießen und Fischer 2008a, S.1). Dabei handelte es sich um Einrichtungen, in die geistig Behinderte, "Arbeitsscheue", "Asoziale" etc. zwangsweise eingewiesen werden konnten, um dort ihre Arbeitskraft wirtschaftlich auszubeuten. Diese Einrichtungen waren von ihrem Zuschnitt her mitunter kaum von Zuchthäusern zu unterscheiden, in denen Straftäter Zwangsarbeit verrichteten. Die Arbeitskraft wurde zum Teil als Konkurrenz gegen die reguläre Handwerksarbeit gesetzt, konnte also letztlich reguläre Arbeitsplätze verdrängen (vgl. Wikipedia: Arbeitshäuser, abgerufen am 03.09.2008). Die wesentliche Wirkung von Arbeitshäusern bestand in der Ausübung von Druck und Zwang auf vermeintlich "Faule" (vgl. Ayass 1993, S.3). Letztlich wurde also hier ein Modell als eine soziale Errungenschaft dargestellt, das doch den Vorstellungen eines freiheitlichen Staates und einer verantwortungsvollen Arbeitsmarktpolitik derart zuwider läuft.

2.3.2.3.2 ...oder: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß"?

Vielleicht aber war man auch für einen Mindestlohn. So zeigte etwa "Report Mainz" am 10.12.2007 auf, daß die Behauptung des Postdienstleisters PIN (und die Meinung vieler CDU-Politiker), die Einführung eines Mindestlohns sei der Grund für massive Entlassungen, ein Vorwand war, mit dem schon lange aufgrund von Fehlentscheidungen des Managements und einer schlechten Positionierung im Markt anstehende Kündigungen der Politik in die Schuhe geschoben werden sollten (vgl. "Arbeitslos wegen Mindestlohn - Die Wahrheit hinter dem Kahlschlag bei der Pin-Group", abgerufen am 26.02.2008).

Dann hatte man allerdings auch keine konsequente Haltung, da die Abnahme des Lohnniveaus in Deutschland mit ein Ergebnis der "Hartz-Reformen" ist, die man so vehement verteidigte, daß man alle ihre Kritiker als Staatsfeinde bezeichnete ("Wer dagegen ist, gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland"), und man die diesbezügliche Argumentation der "Wirtschaftsweisen" in diesem Falle nicht übernahm, deren Meinung man in anderen Fällen nur zu bereitwillig aufgenommen hatte. Nun mag es tatsächlich objektive Gründe für eine positive oder negative Haltung gegenüber einem Mindestlohn geben. Die Journalisten nahmen allerdings hier eine Position ein, die nicht durch objektive Maßstäbe gerechtfertigt war, sondern durch eine bestimmte Gerechtigkeitsvorstellung.

Am 06.11.2007 berichtete "Frontal 21" ganz ähnlich, daß durch die herrschende Inflation vor allem Menschen in ihren Lebensverhältnissen getroffen seien, die wenig Geld zur Verfügung haben. Wer allerdings nun eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I oder eine Erhöhung von "Hartz IV" fordere, "gefährde den wirtschaftlichen Aufschwung", wie anläßlich eines vorherigen Berichtes am xx.xx.2007 noch getönt wurde. Nicht zu vergessen auch, daß von seiten von "Frontal 21" den Klinikärzten und nicht z.B. der Gesetzgebung die Schuld dafür zugeschoben wurde, daß die Qualität der medizinischen Behandlung sich verschlechtert (s.o.).

c) In einem Bericht am 22.10.2007 behauptete "Report München" daß durch die "Hartz-Reformen" binnen eines Jahres 200.000 über 50jährige Arbeitslose eine neue Beschäftigung gefunden hätten. Daneben wurde hier mit gleichem Tenor propagiert, daß es ein Unding und nicht einmal von Willy Brandt, dem sozialdemokratischen Vorbild schlechthin, gewünscht gewesen sei, Menschen, die in Armut leben, auch zu fördern oder die Sätze, die im Rahmen des Arbeitslosengeldes oder in "Hartz IV" gezahlt würden, ja nicht erhöht werden dürften - soweit die Meinung seiner Witwe. Schließlich wurde auch ein 58jähriger Trockenbauer, der sich rasch eine neue Stelle gesucht hatte, mit den Worten zitiert, er könne sich "nicht auf die faule Haut setzen so wie verschiedene Leute" (vgl. http://www.br-online.de/daserste/report/archiv/2007/00424/info.html).

(i) Allerdings wurde hier nicht genau nachvollzogen, durch welche Effekte genau die "Zahl der Arbeitslosen" reduziert wurde. Die angeblich "positive Entwicklung" der deutschen Wirtschaft konnte weder auf die "Hartz-Reformen" zurückgeführt werden noch hatte diese zu einer Entlastung für die Sozialkassen geführt, da sie gleichzeitig für ein allgemein sinkendes Lohnniveau gesorgt hatten (vgl. Hartz IV: Mehr Kosten, weniger Jobs, geringerer Lohn; abgerufen am 22.10.2007). Für die Arbeitslosenstatistik im April 2007 kann nachvollzogen werden, daß dank der sogenannten "58er-Regelung" Leistungsempfänger über 58 Jahre, die auf "freiwilliger Basis" erklärt hatten, nicht mehr vermittelt werden zu wollen, aus der Arbeitslosenstatistik herausgerechnet wurden. Daneben wurden Millionen sogenannter "Ein-Euro-Jobber" und "Aufstocker", die zu Hungerlöhnen vollwertige Arbeit leisten und noch zusätzlich Leistungen nach "Hartz IV" beziehen müssen, um über die Runden zu kommen, nicht in der Statistik erscheinen, obwohl sie die Sozialkassen weiterhin Geld kosten. Insgesamt, so schätzt Rügener, wurden dank dieser Beschönigungen fast die Hälfte der Bezieher von Arbeitslosengeld aus der Statistik herausgerechnet (vgl. Rügener 2007). Weitere Schritte zur "Verbesserung" dieser Statistik bedeuten die ab dem 01.01.2008 mögliche Zwangsverrentung älterer Arbeitsloser ab 60 Jahren, die allerdings dann auch mit denselben Abzügen verbunden ist wie bei einem freiwilligen Ruhestand (vgl. http://www.wdr.de/tv/monitor/pdf/071025_a_zwangsverrentung.pdf) und der Umstand, daß Personen, die an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, ebenfalls nicht gezählt werden -- wenn auch dies schon lange üblich ist (vgl. Stapelfeldt 1998, S.296). Die "reale Arbeitslosigkeit" sei demnach je nach Schätzung um mehrere Millionen höher (vgl. Arbeitsmarktstatistik, abgerufen am 28.11.2008). . Auch andere Untersuchungen zeigen, daß die Kaufkraft in Deutschland beständig abnimmt. Dies wird auch bei Betrieben deutlich, die keinen internationalen Markt erschließen können.

(ii) Wieder einmal wurde hier die Vorstellung genährt, daß wer Arbeit wolle, auch welche finde, und man lediglich den Druck auf Arbeitslose noch weiter erhöhen müsse, um - wie es heißt - "Anreize zur Arbeitsaufnahme" zu schaffen. Jedenfalls liegt hier sogar die Assoziation nahe, daß damit das "Fördern" bereits hinreichend realisiert wurde, da die Konnotation des Begriffes "Anreize" ja eine positive ist.

(iii) Auch wurde Brigitte Seebacher-Brandt vorgeworfen, in ihren Ausführungen ihren Mann falsch interpretiert oder ihm ihre eigene Interpretation von Geschichte und Ideologie in den Mund gelegt zu haben (vgl. Wikipedia: Brigitte Seebacher-Brandt, abgerufen am 18.06.2008). Es ist also nicht klar, in wieweit es sich bei dieser Einlassung tatsächlich um die Meinung Willy Brandts gehandelt haben mag.

(iv) Andererseits ist auch diese „Ikone der Sozialdemokratie“ in Deutschland nicht sakrosankt, sondern genauso kritisierbar und reflexionsfähig. Willy Brandt bezeichnete z.B. auch den sog. Radikalenerlaß, der unter seiner Regierung erlassen, vermeintlichen Extremisten eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst verbot, später als einen politischen Fehler (vgl. Wikipedia: Radikalenerlaá, Wikipedia: Willy Brandt, abgerufen am 18.06.2008).

2.3.2.4 "Arme Alte - oder nicht?"

. Einen Ausschnitt aus der Frage um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland machte die Frage der "Altersarmut" aus. Am xx.04.2008 ging nun auch "Spiegel TV" - noch einen Schub konservativer als das Print-Magazin - der Frage nach, ob es denn wirklich soviele arme Rentner gebe. Im Bericht dargestellt wurden vor allem reiche Rentner, die etwa in Spanien oder in großzügig eingerichteten Altenresidenzen lebten, in Südafrika Urlaub machten. Argumentiert wurde, daß die Generation der heutigen "Alten" so reich sei wie keine Generation vor ihr und auch voraussichtlich auch nicht die nachfolgenden Generationen.

Man kann allerdings auch hier schiere Ideologie unterstellen. Denn es gibt durchaus mehrere Möglichkeiten, warum es angeblich mehr reiche Rentner geben mochte. Zum einen könnte es sein, daß sich der Durchschnitt des Rentenniveaus stark nach oben verschoben hatte. Zum anderen könnte es aber auch sein, daß die Menge an Rentnern, die eine durchschnittliche Rente beziehen, zugunsten der Ränder der Verteilung abgenommen hat. Dies hieße, daß es sowohl mehr reiche als auch mehr arme Rentner gibt. Um dem auf den Grund zu gehen, könnte man zum Beispiel fragen, wieviele Personen überhaupt ein genügend großes Einkommen haben, um gleich zwei Appartements in einer dieser schicken Residenzen zu mieten. Das durchschnittliche Rentenniveau im Jahr 2003 betrug allerdings nur 1015 Euro für Männer und 508 Euro für Frauen. 60% der bundesdeutschen Rentner beziehen eine Rente um oder unter der Armutsgrenze (vgl. Harder 2003). Bereits ein Zimmerchen in einem normalen Altersheim kostet monatlich bis zu 3000 Euro. Letztlich zahlt also das Sozialamt einen nicht unbeträchtlichen Teil der Altersheimplätze -- womöglich auch in den schicken Residenzen. So scheint die Wahrscheinlichkeit für die letztgenannte Möglichkeit höher zu sein. Aber solange es den wenigen Reichen gut geht, braucht man sich um die breite Masse ja nicht zu kümmern.

2.3.4 "Kontraste"+"Panorama": "Mehr Soldaten nach Afghanistan!"

Medienkritik zwecks Umgestaltung der Gesellschaft?

Interessant ist schließlich auch, daß Medienkritiker aus einer konservativen politischen Haltung heraus sehr häufig auch einen eher geringen Respekt für echtes Leben und lebende Menschen haben: So hatte Günther Beckstein im Jahre 2002 einen Vorschlag zur Neuregelung des Waffenrechts gemacht, nach der es möglich gewesen wäre, "Nachwuchsschützen [...] künftig schon mit 10 Jahren statt wie bisher mit 12 Jahren an den Schießsport [heranzuführen]" (vgl. "Günther Beckstein gegen Rechtsstaat, Demokratie und die Liberalitas Bavariae", abgerufen am 19.05.2008), die CDU-Politikerin Astrid Vockert, die ihrerseits auch Schirmherrin des Nordwestdeutschen Schützenverbandes ist, brachte ins Gespräch, doch ein Schulfach "Schießen" einzuführen (vgl. http://christian-in-wien.at/index.php?/archives/591-CDU-Schiessen-als-Schulfach; abgerufen am 29.08.2007). (Wohlgemerkt, können gewalthaltige Computerspiele nur dann zur "Einübung" von Gewalttaten dienen, wenn parallel eine reale Schießausbildung stattfindet.) Uwe Schünemann ist seinerseits passionierter Jäger, der nichts dabei findet, daß Jagen die einzige "Sportart" ist, bei der die Tötungshemmung real überwunden wird.

Viele Medienkritiker sind ansonsten auch Unterstützer militärischer Einsätze. So war Steffen Meyer, der für den "Kontraste"-Bericht verantwortlich zeichnet, der "Killercomputerspiele" verantwortlich machte, dem Amokläufer von Emsdetten ein Drehbuch für seine Tat geliefert zu haben, auch einer der Autoren eines weiteren "Kontraste"-Berichtes vom 20.09.2007, worin plakativ "Mehr Soldaten nach Afghanistan!" gefordert wurden. Dieser Bericht enthielt dabei so einige Elemente guter Propaganda und eigentlich der Brutalisierung, die den Tenor der politischen Entscheider zum Afghanistan-Einsatz in verschiedenen Punkten glänzend ergänzt:

1. So wird die Gewalt moralisch gerechtfertigt: Im "Kontraste"-Bericht Äußerungen verschiedener Mitglieder der afghanischen Regierung und von Citha Maaß, die als ausgewiesene Afghanistankennerin eingeführt wurde, eingespielt, die etwa darauf verwiesen, daß das Taliban-Regime neben zahlreichen anderen Restriktionen Frauen jegliche Bildung und Berufsausübung verboten hatte (vgl. dazu Wikipedia: Taliban, abgerufen am 06.09.2008). Es ist sicher sehr löblich, daß dies formal heute nicht mehr der Fall ist. Allerdings bestehen viele Benachteiligungen von Frauen in weiten Teilen des Landes weiterhin (vgl. ). Weiterhin stellen Rechtfertigungen auch ein Moment dar, das die Akzeptanz der Anwendung von Gewalt steigert (vgl. Kunczik+Zipfel 2004, S.29).

2. Nun wäre natürlich einfach zu fragen, ob denn wirklich die bescheidenen Fortschritte, die in Afghanistan seit der westlichen Invasion erreicht wurden, zwingend mit Waffengewalt verteidigt werden müssen. Die "Kontraste"-Autoren sind offenbar der Meinung, daß dies der Fall ist. Als Beweis dafür schnitten sie dokumentarische Aufnahmen in den Bericht ein, die die Hinrichtung einer "Ehebrecherin" in einem von den Taliban dazu zweckentfremdeten Fußballstadion zeigen. Damit gaben die Autoren vor, mehr von Afghanistan zu verstehen als etwa der afghanische Präsident Mohammed Karsai, der doch tatsächlich den Taliban, "mit denen man ja nicht reden könne", Friedensverhandlungen angeboten hatte (vgl. ). Auch die Suggestion einer Alternativlosigkeit der Gewalt wird von der Medienwirkungsforschung als problematisches Moment gesehen (vgl. Kunczik+Zipfel 2004, S.24). Ansonsten wurden die Taliban damit auch als ein "gnadenloser Feind" oder allesamt als Terroristen oder Massenmörder dargestellt (aktuell zuletzt am 05.02.2009), gegenüber dem es kein Pardon und keine Verhandlungen geben dürfe. Diese Darstellung ist ein weiteres Kennzeichen exemplarischer Propaganda.

Ansonsten ist diese Darstellung auch sachlich falsch und möglicherweise sogar nachgerade gefährlich (vgl. dazu auch Marischka 2008):

1. Tatsächlich war bereits seit längerer Zeit offenkundig, daß der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ineffektiv war. Insbesondere kann die Bundeswehr zivile Aufbauhilfe gar nicht leisten, und ist primär damit beschäftigt, sich selbst gegen mögliche terroristische Angriffe zu rüsten (vgl. Bundeswehrverband Gertz: Mehr Soldaten für Afghanistan, abgerufen am 23.04.2008). [Paradoxerweise hatte Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, argumentiert, der militärische Kampf gegen die Taliban sei ohnehin aussichtslos (siehe dazu 2.). Er hatte aber den Eindruck erweckt, der deutsche Einsatz in Nordafghanistan sei von dem Einsatz in Südafghanistan organisatorisch getrennt oder überhaupt zu trennen (siehe dazu 3.). Aber die Ineffektivität und Nutzlosigkeit eines Vorgehens beweist ja offensichtlich ganz oft die Effektivität und Notwendigkeit?!]

2. Die Vorstellung, mit militärischen Mitteln ließe sich in Afghanistan etwas durchsetzen, dürfte insgesamt illusorisch sein. Beispielsweise führte Bernhard Gertz, an, daß die Grenzen Afghanistans zu den pakistanischen Stammesgebieten nicht zu kontrollieren seien (vgl. "Gertz fordert mehr Truppen für Afghanistan", abgerufen am 23.04.2008). Diese gelten als unkontrollierbare Aufstellungsorte für islamistische Kämpfer (vgl. "Im größten rechtsfreien Raum der Welt"; Ladurner 2007, abgerufen am 23.04.2008). Zum Vergleich sei einmal angeführt, daß die Sowjets mit ihrer sehr viel größer angelegten Präsenz in Afghanistan, mit der diese dem damaligen kommunistischen Regime Unterstützung geben wollten, trotz (aber auch wegen) geringer Rücksichtnahme auf die Bevölkerung kaum nennenswerte Erfolge erzielen konnten. Insbesondere natürlich nicht, nachdem die Widerstandskämpfer, darunter auch die Vorläufer der Taliban, über verschiedene Kanäle von Seiten der USA und ihrer Verbündeten Zugang zu Waffen und Geldmitteln erhalten hatten. Zwischen 1979 und 1989 hatte dieser Krieg ein bis eineinhalb Millionen Tote gefordert, und blieb Afghanistan auch danach politisch instabil und von Mißtrauen und Gewalt gezeichnet (vgl. Wikipedia: Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Invasion, abgerufen am 23.04.2008). Aber auch frühere Fälle von militärischen "Kolonialisierungsversuchen" in Afghanistan waren blutig gescheitert oder hatten zu noch größerer Gewalt geführt (vgl. Kreutzmann 2008).

3. Es dürfte entsprechend offenkundig sein, daß sich in Afghanistan gegen das Wohlwollen der Bevölkerung keine Fortschritte durchsetzen lassen. Die Deutschen hatten bisher noch den Vorteil, einigermaßen wohlgelitten zu sein und nicht als Besatzer wahrgenommen zu werden, weil sie sich im Unterschied zum Beispiel zu den Soldaten der US-Armee bemühten, kulturelle Traditionen und Befindlichkeiten der Afghanen zu respektieren. Die Erweiterung des militärischen Einsatzes durch Aufklärungsflugzeuge, die der Mission "Enduring Freedom" zur Verfügung gestellt werden, führte allerdings anscheinend zu einer Zunahme bewaffneter Angriffe auch auf Deutsche. Dies war deshalb der Fall, weil die Einsätze der ISAF und die US-geführte Operation "Enduring Freedom" kaum mehr voneinander zu trennen sind und so auch die Verstrickung der Deutschen in Kampfeinsätze gegen die Taliban immer intensiver wird, die entsprechend die Deutschen auch mehr und mehr als Feinde sehen, die es zu bekämpfen gilt (vgl. Wagner 2007; Wikipedia: Operation Harekate Yolo, abgerufen am 06.02.2008). Eine weitere Ausweitung der deutschen Militärpräsenz würde die Lage vermutlich weiter erschweren.

4. Ansonsten zeigen aber andere Erfahrungen, daß auch die Taliban Respekt gegenüber Entwicklungshilfeprojekten haben, die tatsächlich zu einer Steigerung der Lebensqualität führen, und diese nicht bekämpfen. Berichtet wurde in diesem Zusammenhang etwa von einem ehemaligen Mudschaheddin-Anführer, der eines Tages schwer verletzt von seinen Untergebenen in einer von Deutschen betriebenen Krankenstation aufgefahren und monatelang in Deutschland behandelt wurde, wo er auch die Kultur der Anderen kennenlernen konnte, die er bisher als Feinde gesehen hatte. Dieser Mann hat seitdem seine Feindschaft und den rigiden Islamismus abgelegt und setzt sich für Frieden in seinem Land ein (vgl. N.N. 2007). Entsprechend wären viele der Mittel, die heute für den Militäreinsatz ausgegeben werden, viel besser in zivile Projekte investiert.

5. Weiterhin sollte auch nicht vergessen werden, daß auch im "neuen" Afghanistan weiterhin die Sharia gilt und auch nach dieser islamischen Gerichtsordnung geurteilt wird. International bekannt geworden sind Meldungen über Todesurteile wegen "Ehebruchs" (vgl. 29jährige aufgrund von rechtswidrigem Urteil gesteinigt, abgerufen am 18.04.2008. Wenn im angegebenen Fall auch nicht ein "ordentliches Gericht", sondern ein lokaler und ggf. als korrupt beurteilter Mullah das diesbezügliche Todesurteil verhängt hatte, so muß es schon bedenklich stimmen, daß dies und die darauf folgende Mordtat überhaupt möglich war.), für die Konversion zum Christentum (vgl. Telepolis: Todesstrafe für einen zum Christentum konvertierten Muslim?, abgerufen am 18.04.2008) oder für das Verteilen religionskritischer Texte (vgl. Afghanistan: Gericht verurteilt Journalisten zum Tode, abgerufen am 18.04.2008).

6. Es ist außerdem bekannt, daß dort, wo die Regierung sogenannte „gemäßigte Taliban“ beteiligt oder zumindest wohlwollend stimmen will, ohnehin die Scharia angewandt wird, die obige „rustikale“ Urteile für „Taten“ kennt, die im westlichen Verständnis vielleicht nicht einmal relevant sind. So geschehen etwa in einer Provinz im Nordwesten Pakistans, wo die Taliban sich alle Jahre wieder gegen die Regierung erheben, und wo dies als Versuch unternommen wurde, (vgl. "Pakistan: Scharia in 'Schweiz Asiens' eingeführt", abgerufen am 18.02.2009). Es ist nur schlecht verständlich, wie Menschen überhaupt über etwas in Jubel ausbrechen können (vgl. "Jubel in Teilen Pakistans nach Scharia-Einführung", abgerufen am 18.02.2009), das nach westlichen Maßstäben willkürlich und/oder grausam erscheint. Nur kann man den Afghanen auch nicht zwangsweise westliche Vorstellungen aufprägen. Würde man dies tun, würde man um so mehr als eine Besatzungsmacht wahrgenommen werden und seinen Stand bei der Bevölkerung vollends ruinieren. Wie unter Punkt 4. erwähnt, scheint es deutlich effektiver zu sein, durch nichtmilitärische Mittel Einfluß auszuüben.

Zum Teil gehen Beobachter sogar davon aus, der Krieg in und um Afghanistan sei für den Westen bereits verloren (Marischka 2008).

In ähnlichen Bezügen hatte sich auch "Panorama" am 26.04.2007 beklagt, daß es immer weniger sportliche und normalgewichtige Rekruten für die Bundeswehr gebe (vgl. "Fett statt fit - ist die Bundeswehr noch einsatzfähig?"). Natürlich braucht es für weitere Kriegseinsätze der Bundeswehr nicht nur genügend bereite (I.2.1.16), sondern auch genügend fitte Soldaten. Vielleicht sollten dementsprechend auch "Die Simpsons" verboten werden. Es reichen ja schon minimale inhaltliche Ähnlichkeiten aus, um diese schon von Medienkritikern von vermeintlicher "moralischer Zersetzung" gehaßte Serie (vgl. I.2.1.8) auch noch der "Wehrkraftzersetzung" schuldig zu erklären (vgl. TP: "Passive Wehrdienstverweigerung", abgerufen am 03.01.2008).



2.3.5 "Kontraste" über die NPD oder: Was soll dieser Bericht überhaupt aussagen?

Am 25.01.2007 berichtete "Kontraste" über "Die NPD und ihr Saubermann-Image" (vgl. Bericht-Link). Der Bericht war wohl satirisch gemeint, anders ist dessen niedriger Informationswert wohl kaum zu erklären.

Problematisch war nur, daß der Bericht keine andere Aussage hatte als daß ein Mitarbeiter der Fraktion der NPD, der offenbar eher einen einfacheren Humor hat und von seinen Gesellschaftsvorstellungen her nicht ganz mit der Parteilinie übereinstimmt, seinen Arbeitsplatzrechner nicht allein dienstlich genutzt hatte. Zwei Postkarten, die dieser Mitarbeiter gebastelt hatte, die mit Pennälersprüchen versehen waren, oder einige gespeicherte Internetseiten, die evtl. Rückschlüsse auf sadomasochistische Neigungen des Mitarbeiters erlauben, und Bilder und Symbole aus der Nazizeit, deren Strafwert durchaus von ihrem Verwendungskontext abhängig ist, wurden hier als erheblich wichtiger erachtet als tatsächliche Skandale der NPD.

Noch dazu ist ein solcher Angriff auch gefährlich, wie eine historische Parallele zeigt. So wurden seinerzeit die Nationalsozialisten international als Truppe von Homosexuellen dargestellt, als selbst unter progressiven Parteien noch starke Ressentiments gegen Homosexualität herrschten. Allgemein bekannt war etwa die Homosexualität des SA-Führers Ernst Röhm. Die Nazis wollten dies natürlich nicht auf sich sitzen lassen und fügten die Homosexuellen ihrer Liste von auszurottenden Abweichlern hinzu. Wenn nun also ein NPD-Mitarbeiter Interesse an BDSM hat, selbst wenn das auch für viele außerhalb der NPD ein problematisches Thema ist, so ist dies in erster Linie seine Privatangelegenheit. Dieser Umstand sollte aber nicht zum Gegenstand eines Angriffs gegen die NPD gemacht werden.

Nun handelt es sich bei der NPD nicht gerade um den "Stolz der Demokratie", und durch vielerlei öffentliche Auftritte, Reden hinter verschlossenen Türen oder textuelle Botschaften haben sich die NPDler als Holzhammerpopulisten erwiesen, die dort, wo sie eigenen politischen Einfluß erlangt haben, im wesentlichen mit sich selbst beschäftigt sind und keine nennenswert produktive Arbeit leisten, von den ideologischen Vorstellungen noch gar nicht gesprochen, die dahinter stehen. Eigentlich müßte es genügend Argumente gegen die NPD geben. Dieser Beitrag liefert allerdings keines von diesen, sondern versucht diese Partei lächerlich zu machen. Infolge dessen machen sich mit ihm stattdessen die Macher von "Kontraste" lächerlich.

2.3.6 "Kinderpornographie": (Gegen seinen Willen) das Wort reden für weitere Reglementierungen?

2.3.6.1 „Report Mainz“ über „unschöne Auswüchse des Internet“

Aus moralischen Gründen muß hier auch ein Bericht des SWR-Magazins "Report Mainz" genannt werden, worin man sich entgeisterte, daß Erwachsene sich in "Second Life" in virtuellen Sexspielen mit (vermeintlichen) Kindern ergingen. Tatsächlich handelte es sich dabei um einen "Spielplatz", in welchem sich einige Erwachsene kindlich aussehende Avatare zugelegt hatten, und zwar aus moralischer Sicht ziemlich fragwürdige, in den USA aber anscheinend legale Handlungen. Wobei schließlich auch einmal mehr die wissenschaftlich nicht haltbare Behauptung aufgestellt wurde, "Pädokriminelle" würden durch den Konsum auch solcher Darstellungen zu eigenem Tun angestachelt (TP: "Operation Heiße Luft", abgerufen am 04.01.2008).

Andererseits kritisierte man, daß Videoportale wie "YouTube" es duldeten, daß dort Propagandafilme des NS-Regimes verfügbar seien, die nach deutschem Recht in der Form nicht gezeigt werden können (bei Filmen wie "Der ewige Jude" handelt es sich nach deutschem Recht um sogenannte "Vorbehaltsfilme", die nur in einem bestimmten Rahmen und insbesondere mit sachkundiger Einführung aufgeführt werden dürfen (vgl. Wikipedia: Vorbehaltsfilm, abgerufen am 04.01.2008). Allerdings bemerkten einige Nutzer im [Diskussionsforum von "Report Mainz"], daß derartige Inhalte in den Ländern, in denen sie eingespeist wurden, unter die freie Meinungsäußerung fallen - so etwa in den USA -, und eine Forderung an die Betreiber solcher Seiten, diese zu entfernen oder zu blockieren, nichts Anderes als Zensur darstelle. Es gibt dann aber keine Handhabe mehr, um gegen Maßnahmen von Staaten wie China, Myanmar oder arabische Staaten zu protestieren, die ihren Bürgern verwehren, bestimmte Inhalte, zum Beispiel Nachrichtenseiten aus dem Ausland abzurufen, weil diese mit einem Blick etwa auf Europa darauf verweisen können, daß bestimmte Inhalte auch uns unliebsam sind.

Nun bieten Seiten von Neonazis, die den Massenmord an Juden, "Zigeunern", Homosexuellen oder "Asozialen" im zweiten Weltkrieg leugnen, auch keinen ergötzlichen Lesestoff. Allerdings nehmen die Versuche, "schädliches Gedankengut" aus dem Internet zu entfernen, mittlerweile den Charakter von Hexenjagden an. So äußerte EU-Justiz- und Sicherheitskommissar Franco Frattini Pläne, nach denen zukünftig die Suche nach und die Benutzung von "gefährlichen Worten" wie "Bombe", "töten", "Völkermord" oder "Terrorismus" im Internet verhindert werden solle (vgl. http://www.golem.de/0709/54680.html). Damit demonstrierte er wiederum auch die bildungsbürgerliche Vorstellung, das Internet biete nicht etwa konstruktive Informationen oder diene einem legitimen Informationsinteresse, sondern sei vielmehr ein Medium, mit dem sich ordentliche Menschen nicht beschäftigen sollten, nachdem ja angeblich 98% des Internets aus Sexseiten und der Rest aus Neonazipropaganda und Bombenbauanleitungen bestehe.

2.3.6.2 „Schläge gegen Kinderpornographie“

Es gibt halt Verbrechen, die sind so schlimm, dass man diese Schweine nicht einfach davonkommen lassen darf, bloß, weil sie es gar nicht gemacht haben.
(Kommentar eines Internetnutzers über den Freispruch der Angeklagten im „Pascal-Prozeß“
- selbst wenn „aus Mangel an Beweisen“-, in freigeisterhaus.de)

Wann immer wieder einmal bundesweit die Ermittler ausschwärmen, um die Wohnungen vermeintlicher Bezieher von Kinderpornographie zu durchsuchen und ihre Computer zu beschlagnahmen, wird dafür in der Berichterstattung die Metapher des „Schlages“ verwendet.. Dabei ist kaum irgendwo der Wirkungsgrad von Durchsuchungsaktionen so schlecht.

Es kam dabei gar nicht darauf an, wie dabei die wahren Verhältnisse aussahen und ob sich bei all den Verdächtigen – so hatte es im Zuge der „Aktion Himmel“ europaweit an die 10.000 Durchsuchnugen gegeben, zu tatsächlichen Strafverfahren kam es dann allerdings in Deutschland nicht und europaweit, und würde man ähnliches auch für eine vergleichbare Aktion im Januar 2009 erwarten, bei der 465 Wohnungen durchsucht wurden (vgl. 23.01.2009) - überhaupt in einem Fall die gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen erhärten würden: Durch den Begriff wurde bereits suggeriert, daß da eine kriminelle Organisation ausgehoben worden sei, und damit die Differenzierung zwischen Verdächtigen und Tätern.

Allein der Vorwurf ist dabei so ungeheuerlich, daß er ausreicht, menschliche Existenzen zu vernichten. Offizielle Rechtsprechung ist, daß Angestellten bereits bei Verdacht auf eine schwere Straftat fristlos gekündigt werden darf (Q?), und auch Partnerschaften sind unter Umständen nicht stark genug, um mitunter jahrelang andauernde Ermittlungsverfahren und bis dahin beständige Zweifel an der möglichen Schuld des Gegenübers auszuhalten.

2.3.7 "Panorama" und der Wahlkampf der Hessen-CDU: Selbstkritik oder Selbstgerechtigkeit?

Am 24.01.2008 berichtete "Panorama" im Rahmen des Wahlkampfes in Hessen über fragwürdige Vorstellungen in der Hessen-CDU. So propagierte der Fraktionsvorsitzende Christean (sic!) Wagner, bereits die Beleidigung eines Deutschen müsse eine ausreichende Handhabe werden, einen ausländischen Bürger aus Deutschland abzuschieben (vgl. "Wer Deutsche beschimpft, fliegt raus - abenteuerliche Thesen in der Hessen-CDU", abgerufen am 26.02.2008).

Auch wurde im Bericht Bezug auf die These der CDU-Bundestagsabgeordneten Christina Köhler genommen, "Jugendliche mit Migrationshintergrund" entwickelten "Überlegenheitsgefühle" gegenüber Deutschen, die zunehmend auch zum ausschlaggebenden Motiv für Gewalt gegen diese werde. Als Grundlage für diese Behauptung führte Köhler an, daß "immer mehr Praktiker" wie Polizisten, Staatsanwälte und Richter ihr davon berichtet hätten, und rekurrierte darüber hinaus auf vermeintliche Untersuchungsergebnisse von Christian Pfeiffer. Darauf angesprochen, daß Pfeiffer niemals die "Deutschenfeindlichkeit" als Motiv genannt oder befunden hatte, diese nehme überhaupt zu, antwortete Köhler, daß in der Wissenschaft Jeder seine eigenen Schlußfolgerungen ziehe (vgl. "Dokumentation" zum Bericht, S.4).

Nun sahen diese "Praktiker" allerdings tatsächlich nicht, in wieweit vermeintliche "Überlegenheitsgefühle" als Motiv für Gewalttaten tauglich sein konnten, hatte sich Christian Pfeiffer in jenem Fall der ausländischen Gewalttäter nicht selbst zum Gewährsmann dieser vermeintlichen Untersuchungsergebnisse gemacht, sondern er war lediglich in diesem Zusammenhang als Autorität angeführt worden, um eine objektiv nicht haltbare These zu formulieren. In der Tat dürfte es sich - wenn überhaupt - um Minderwertigkeitsgefühle handeln, die sich dort entwickeln mochten.

Schließlich sollte auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß diese Art der selektiven "Quelleninterpretation" bei Medienkritikern häufig auftritt (siehe I.2.1). Christian Pfeiffer hatte mit derselben Technik "Argumente" gegen Computerspiele konstruiert (siehe I.2.2). In "Frontal 21" wurde nach der gleichen Methode versucht, eine Argumentationskulisse gegen pornographische Medien aufzubauen (siehe I.2.2.5, II.3). Zwecks dessen wurde dabei gerne auch auf Studienergebnisse verwiesen, die allerdings sinnigerweise das genaue Gegenteil davon aussagten, was im Bericht als gesicherte Aussage hergeleitet werden sollte.

Auch ist die Fähigkeit zur „differenzierten Aussage“ in der Regel an dem Punkt erschöpft, an dem man einen eigenen Sachverhalt erwähnen kann, über den „man eine Diskussion anstoßen will“, bzw. den man sich zum aggressiven Konfliktfeld auserkoren hat. So konnte Jacqueline Boysen zwar Einlassungen des Junge-Union-Politikers Philipp Mißfelder, der in markigen Worten gegen der „Hartz-IV“-Empfänger ansprach, diese würden jede Erhöhung ihrer Bezüge ohnehin nur in Alkohol und Zigaretten umsetzen, als undifferenziert ansehen, um sich allerdings dann im nächsten Satz nicht entblöden zu können, daß Kinder „mit dem Joystick in der Hand“ vor „Gewaltvideos“ „verblöde[te]n“ und das ja wohl ein viel größeres soziales Problem sei, das es zu bekämpfen gelte („Kommentar: Um Mißfelder“, DLF, 21.02.2009).

Diese Einlassung war übrigens ein guter rhetorischer Trick. So hatte bereits der alte Römer Cato mit seinem berühmten „ceterum censeo“ jede Gelegenheit genutzt, um den Römern vermeintliche Gefährlichkeit des damals bereits in zwei Kriegen von den Römern geschlagenen und in der Folge auf wenige Gebiete in Nordafrika geschrumpften „Erzfeindes“ Karthago vor Augen zu führen (vgl. Wikipedia: Ceterum censeo, abgerufen am 21.02.2009). Sie entbehrte in ihrer Abstraktion (so wurden hier natürlich „Gewaltvideos“ mit Videospielen gleichgesetzt) auch wieder einmal des Sachverstandes und zeigte darüber hinaus auf, daß auch bei ihr ja nicht anderes Gedankengut oder eine andere politische Einstellung zugrundeliegen mochte als bei Mißfelder. So ist für Boysen halt nur etwas Anderes universell schuld, sind halt dann nicht Hartz-IV-Empfänger an ihrer Situation selbst schuld, sondern sind Computerspieler das „Freiwild“, auf das man auch unbegründete Anschuldigungen ausgießen darf.

Entsprechend ist zumindest fraglich, ob es sich hierbei um einen Ansatz von Selbstkritik von seiten der journalistischen Kaste handelt, die hier doch eine gewisse Ehrlichkeit anmahnt, nur Aussagen zu machen, die auch zu belegen sind, oder nicht doch eher um eine Spur von Selbstgerechtigkeit, mit der man affirmativ Kritiker an seiner Aussage als krank oder rechtsradikal abzustempeln versuchte.

2.3.8 "Panorama" zu Hausdurchsuchungen und Internetüberwachung

Am 27.09.2007 wies "Panorama" im Vorfeld der Einführung der Vorratsdatenspeicherung noch einmal darauf hin, daß diese Maßnahme kaum zur Verfolgung vermeintlicher "Gefährder" dienlich sei, sondern vielmehr Personen überwacht werden sollen, die sich unberechtigterweise kostenlos urheberrechtlich geschütztes Material aus dem Internet herunterladen (vgl. "Vom Rechtsstaat zum Schnüffelstaat - Bundesbürger unter Generalverdacht"). In der Tat hatte ja die Initiative, welche die Vorratsdatenspeicherung anregte, diese nicht mit dem "Kampf gegen den Terrorismus" motiviert, sondern mit einer schärferen Verfolgung von Brüchen des Urheberrechts (vgl. "Frankreich will schärfer gegen illegale Downloads vorgehen", abgerufen am 24.11.2007). Dabei anzumerken ist, daß bereits ohne Vorratsdatenspeicherung von sog. "Abmahnkanzleien" beauftragte Agenten systematisch Tauschbörsen nach Anbietern urheberrechtlich geschützten Materials durchforstet haben. Zum Teil hatten diese Kanzleien in der Vergangenheit bereits Verfahren gegen Personen anzustrengen versucht, die sich eine MP3-Datei aus dem Netz heruntergeladen und, da sich dies bei vielen Klienten nicht völlig deaktivieren läßt, gleichzeitig "angeboten" hatten (vgl. ). Eine Intensivierung dieses Gebahrens steht insofern in Aussicht.

Am 14.02.2008 folgte darauf ein Bericht, der auch die gängige Praxis bei physikalischen Hausdurchsuchungen anprangerte. Darin kritisiert wurde, daß Richter heutzutage - ungeachtet der sozialen und beruflichen Konsequenzen, die eine Hausdurchsuchung auch bei Unschuldigen zur Folge haben kann -, bei immer geringeren Delikten und immer geringeren Verdachtsmomenten Hausdurchsuchungen anordneten. Besonders problematisch sei die Situation in Bayern, wo Richter im Schnitt nur mehr zwei Minuten auf die Entscheidung für oder gegen einen Durchsuchungsbefehl aufwenden können (vgl. "Sinnlose Hausdurchsuchungen - Die Schnellschüsse der Justiz").

Nun bin ich als Wehrdienstverweigerer - der zwischen einem Mord im Krieg und einem Mord im Frieden keinen moralischen Unterschied sehen kann - auch ein furchtbar binärer Mensch. Denn ich bin nun der Meinung, daß ich, wenn ich mir die Vorstellung eines bestimmten Menschen zueigen mache bzw. diesen als Gewährsmann für meine eigene Einstellung auftreten lasse, doch auch eine Affinität für dessen möglicherweise überzogene Handlungsvorschläge darstelle, in soweit diese bekannt sind. Niedersachsens rechtskonservativer Innenminister Uwe Schünemann wurde von "Panorama" bereits in seiner Ablehnung von Computerspielen kolportiert (siehe I.2.2.2). Da Uwe Schünemann selbst Hausdurchsuchungen erheblich erweitern will, nämlich auch auf den Besitz von Computerspielen (siehe V.2.2) und Ordnungswidrigkeiten wie den Verstoß gegen den Meisterzwang, dabei auch gerne gänzlich ohne Entscheidung eines Richters (vgl. "Von der heimlichen Online-Durchsuchung zur heimlichen Hausdurchsuchung", abgerufen am 01.01.2008), ergibt sich hier nun die paradoxe Situation, gleichzeitig zwar die Auswirkungen zu wollen - etwa: alle Computerspiele zu verbieten -, aber nicht die Methoden - nämlich: Überwachung des Internets und Razzien bei potentiellen Computerspielern.

2.3.9 "Monitor" gegen den Mythos von der "Internationalen Jihad-Union"

Zum Abschluß möchte ich aber noch ein Lob anbringen.

Rechtzeitig als Innenminister Schäuble sein Vorhaben einer heimlichen Online-Durchsuchung - angeblich nur der Rechner von Terrorverdächtigen, aber andere Äußerungen (z.B. seitens des [BKA], Schünemann, "Polizeichefs wollen Großen Spähangriff", abgerufen am 04.01.2008) und die Erfahrung mit der Rasterfahndung, deren Anwendungsbereich ebenfalls ausgedehnt wurde, machen klar, daß diese ebenfalls irgendwann universell eingesetzt werden könnte - vortrug, tauchten in der Berichterstattung der Medien Nachrichten von der Verhaftung dreier junger Männer aus dem Sauerland auf, denen die Mitgliedschaft in einer angeblich international operierenden Terrorgruppe angelastet wurde, die angeblich Verbindungen zu Osama bin Ladens Terrornetzwerk al-Kaida unterhalte.

Diese sogenannte "Internationale Jihad-Union" stellte sich allerdings nach Recherchen des WDR-Magazins "Monitor" und mehrerer Experten, die teilweise jahrelang vor Ort tätig waren, als eine Konstruktion des usbekischen Regimes heraus, das auf diese Weise die Bevölkerung in Angst versetzen und Dissidenten unter Bedrohung der Anklage einer Mitgliedschaft in dieser fiktiven Organisation mundtot machen oder auch liquidieren kann. Beweise dafür, daß diese Terrororganisation tatsächlich existiert - geschweige denn international tätig ist -, scheint es nicht zu geben (vgl. http://www.wdr.de/tv/monitor/pdf/071004_b_terror.pdf).

Daß solche Recherchen im übrigen lebensgefährlich sein mögen, zeigte der Mord an dem regimekritischen usbekischen Journalisten Alisher Saipov, der in diesem Zusammenhang auch mit "Monitor" zusammengearbeitet hatte (vgl. http://www.wdrblog.de/monitor/archives/2007/10/zum_tode_von_al_1.html, abgerufen am 11.11.2007). Ihm ist an dieser Stelle ein großes Lob auszusprechen, da er sich tatsächlich einem hohen eigenen Risiko ausgesetzt und mit gefährlichen Menschen angelegt hatte, wozu auch ich nicht bereit wäre. Von den "heldenhaften" Berichterstattern, die sich gegen "böse" Computerspieler oder "Hartz-IV"-Empfänger richten, ist dies leider ebenfalls nicht zu sagen.

Nun versucht die deutsche Regierung anscheinend, diese offenbar rein fiktive Organisation zu instrumentalisieren, um repressive Maßnahmen durchzusetzen. Damit verschafft sie sich allerdings nicht bloß vermeintliche "Instrumente zur Gefahrenabwehr", deren Effektivität sinnigerweise vom BKA in einer Studie zugleich bestritten wie vehement propagiert wird (siehe V.1.2), sondern sie tritt die Menschen mit Füßen, die teilweise ihr Leben riskieren, um diesbezügliche Aufklärung zu verschaffen, und leistet den Plänen solcher Regimes Vorschub, ihre Menschen in Angst und Unwissen zu halten.

2.3.10 "Panorama" und die "sieben Tage"

Die deutsche Regierung hat kein Interesse am Dalai Lama.
Er paßt nicht ins Bild. Denn er will nichts verbieten.

In eigener Sache berichtete "Panorama" am 15.05.2008 über Bestrebungen von seiten anderer Medienunternehmen, die Internetauftritte der öffentlich-rechtlichen Medien maximal auf eine Woche im Rückblick zu beschränken.

Interessant ist aber, daß sich Meinungen an den unmöglichsten Stellen materialisieren. Als ein Beispiel für die "wichtige Berichterstattung", die von seiten des Magazins eingebracht werde, brachte man nämlich einen Bericht über das Tibet der Lamas, das heißt vor der chinesischen Machtübernahme im Jahre 1951. Besonders schrecklich, so der Bericht, sei die grausame Bestrafungspraxis im Buddhismus und der Terror durch die "Mönchspolizei" gewesen.

Auch ist bekannt, daß Tibet vor 1951 eine mittelalterliche Feudalgesellschaft war, in der eine kleine insbesondere klerikale Oberschicht den Großteil des Landes besaß und die Menschen in Unwissenheit und Leibeigenschaft hielt. Explizit wurde in diesem Abschnitt allerdings die Verantwortung des damals und bis heute amtierenden Dalai Lama Tenzin Gyatso für diese Geschehnisse suggeriert. Dabei wurde allerdings auch nicht berücksichtigt, daß Tenzin erst im Jahr 1950 im Alter von 15 Jahren die weltliche Macht übernommen und somit nicht einmal ein Jahr Zeit gehabt hätte, hier Veränderungen - vor allem auch gegen den Widerstand des Klerus - durchzusetzen. Weiterhin erscheint der junge Tenzin Gyatso, vor allem in seiner Auseinandersetzung mit dem damaligen chinesischen Machthaber Mao Zedong, als unbedarft und naiv, als er diesen etwa mit Brahma (vgl. Wikipedia: Tenzin Gyatso, abgerufen am 15.05.2008) und den Buddhismus mit dem Kommunismus verglich, weil er glaubte, das Regime folge tatsächlich den Vorstellungen, die etwa in der chinesischen Verfassung niedergelegt sind.

Nun sind dezidierte Kenner der Region zum Teil der Meinung, daß die Tibeter und auch die Chinesen unter den heutigen Verhältnissen größere Freiheiten genössen als jemals zuvor (vgl. ). Allerdings ist auch nicht davon auszugehen, daß ein hypothetisches unabhängiges Tibet (entweder als eigenständiger Staat oder zumindest doch mit einer gewissen Eigenständigkeit nach dem "ein Staat - zwei Systeme"-Slogan) tatsächlich dieses Regime wieder einführen würde. So vertritt die tibetische Exilregierung, die Tenzin Gyatso als Staatsoberhaupt ansieht, demokratische Prinzipien (vgl. Wikipedia: Tenzin Gyatso, abgerufen am 15.05.2008).

2.3.11 "Report München" und die Vorratsdatenspeicherung

(25.08.2008)

Im Bericht äußerte nun ein Vertreter der Polizei, daß den Ordnungshütern in Zukunft die Hände gebunden seien und in vielen Fällen die Täter nicht mehr ermittelt werden könnten. Tatsächlich aber hatte eine Studie des Bundeskriminalamts selbst gezeigt, daß nur in 0.006% aller Kriminalfälle Vorratsdaten überhaupt einen entscheidenden Ausschlag bei der Aufklärung von Verbrechen gegeben hätten -- gerechnet über die Millionen von strafbaren Handlungen, die in Deutschland pro Jahr begangen werden, sind dies gerade einmal 387. Genau ein Fall bezieht sich dabei auf die Gefahrenabwehr. Freilich war das BKA damals nicht zu dem Schluß gekommen, daß ob dieser Ineffektivität für den Zweck, für den sie vorgeblich geschaffen wurde, die Vorratsdatenspeicherung unnütz sei, sondern daß ihre Anwendbarkeit auf alle Delikte ausgedehnt werden müsse. Damit die Überwachungsmaßnahme zu rechtfertigen wäre, müßten also erst Tatbestände erklärt werden, auf die sie anwendbar sei. Die Einlassung erweckte weiterhin den Eindruck, daß bei Ermittlungen grundsätzlich - ob diese notwendig sind oder nicht - auf Vorratsdaten zurückgegriffen werde. Damit ist die Vorratsdatenspeicherung erst recht nicht mehr auf die "Gefahrenabwehr" beschränkt, sondern wird zu einem universell eingesetzten Überwachungsinstrument. Wohl dem, der die Perfidie dabei erkennen kann.

Eines der Argumente der Gegner einer Vorratsdatenspeicherung ist, daß derartige gespeicherte Daten zu einer mißbräuchlichen Verwendung einladen würden. Ihre Befürworter versuchten insofern dagegen zu halten, daß sie anführten, daß Bewegungsprofile von Netzteilnehmern nicht erstellt würden (vgl. Wikipedia: Vorratsdatenspeicherung, abgerufen am 25.08.2008). Tatsächlich aber verleitet jede Erhebung von Daten auch zu deren größtmöglicher Ausnutzung bis hin zum Mißbrauch. Im entsprechenden Bericht wurde allerdings mehrfach dargestellt, daß - etwa bei der Ermittlung der Münchener "U-Bahn-Schläger" oder eines Trickbetrügers - regelmäßig Bewegungsprofile und Aufenthaltsorte ermittelt wurden. Wenn man etwa bedenkt, daß sich zum fraglichen Zeitpunkt vermutlich Hunderte Personen im fraglichen Umkreis befanden, muß hier ein massiver Datenabgleich stattgefunden haben.

2.3.12 Die Pressenachlese auf die Präsidentschaft von George W.Bush

[I]ch bin gescheitert mit meiner Politik, ich habe das Vertrauen der Menschen im Land verloren, ich trete zurück.“
(Jürgen Rüttgers, seit 2005 erster CDU-Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen nach 39 Jahren, zitiert nach http://www.radionrw.de, abgerufen am 25.01.2009. Dieses Zitat ist leider aus dem Zusammenhang gerissen, kommentierte Rüttgers damit die Vorgänge, die zur Bundestagswahl im Jahr 2005 führten.)

In dieser Presseschau wurden dabei auch Pressestimmen zitiert, in denen die Präsidentschaft von George W.Bush nicht als „nur schlecht“ angesehen wurde. So sei nach einem Artikel im britischen „Independent“ unter seiner Ägide die Gelder für Entwicklungshilfe in Afrika stärker gestiegen als unter jeder Administration zuvor (vgl. Presseschau vom 17.01.2009, DLF, abgerufen am 25.01.2009). Nun kann ja Jeder die eine oder andere Meinung haben. Diese ist in meiner Einschätzung allerdings auch ein exemplarisches Beispiel für einen Versuch im Kleinen, durch Verkürzungen im Endeffekt sogar kontrafaktische Meinungen zu produzieren.

So wird hier nicht erwähnt, unter welchen Umständen die Gewährung dieser Hilfe heute steht. So wurde während Bushs Regierungszeit die sogenannte „Mexico City Policy“ angewendet, die die Zahlung staatlicher Gelder an NGOs daran bindet, daß diese keine Informationen über bestimmte Leistungen und auch diese Dienstleistungen selbst nicht anbieten. Diese Vorschrift wird dementsprechend auch als die „global gag rule“ bezeichnet. Explizit bezog sich diese auf Abtreibungen. Wenngleich diese Praxis nicht von George W.Bush erfunden wurde, sondern schon von den republikanischen Administrationen von Ronald Reagan und seinem Vater gepflegt wurde, wurde ihre Anwendung unter Bush junior zusätzlich auf Verhütungsmittel ausgedehnt (vgl. Wikipedia: Global gag rule, abgerufen am 25.01.2009). Diese Regelung lag im Weltverständnis der Regierung von Bush junior begründet, worin allein die Abstinenz als gültiges und wirksames Verhütungsmittel und die heterosexuelle Ehe als der einzige Ort der Sexualität angesehen wurden. Auch im eigenen Land wurden nur Programme finanziert, die diese Weltanschauung weiterverbreiteten. Im entsprechenden Unterricht durfte nicht einmal über Kondome gesprochen bzw. mußten sogar sachlich unrichtige Informationen über deren Wirksamkeit ansehen werden (vgl. Human Rights Watch 2002). Glaubensinhalte und traditionelle stereotype Rollenbilder wurden Jugendlichen als „wissenschaftliche Wahrheiten“ dargestellt (vgl. Wikipedia: Abstinence-only sex education, abgerufen am 25.01.2009). Von den Initiatoren solcher Programme wurde es tatsächlich sogar als Vorteil angesehen, daß diese Sexualerziehung nicht „ganzheitlich“ war, weil sie z.B. der Meinung waren, daß Informationen über die Funktionen des Körpers dazu „verführen“ könnten, sie auch in der Praxis auszuprobieren, oder die Jugendlichen sogar dazu „gezwungen“ werden könnten, Sex zu haben (vgl. Abstinence, Sex Education and HIV Prevention, abgerufen am 25.01.2009; siehe dazu auch den Aphorismus zur Einleitung der Auseinandersetzung mit den Thesen von Gabriele Kuby).

Nun hatte sich das Alter, in dem die Jugendlichen damit begannen, miteinander zu schlafen, abseits aller Keuschheitsschwüre und etwaiger Gebete, zu denen sie genötigt worden waren, kaum verändert. Wem allerdings erzählt worden war, daß Kondome ohnehin keine Wirkung haben, verzichtete von vornherein auf sie (vgl. Trenholm et al. 2007, S.xiii-xxiv; Wikipedia: Abstinence-only sex education, abgerufen am 25.01.2009). Die „Ignorance only“-Sexualerziehung und die „Global gag rule“ hatten dementsprechend katastrophale Konsequenzen für die Zahl ungewollter Schwangerschaften - auch ungewollter Schwangerschaftsabbrüche und die Ausdehnung von sexuell übertragbaren Krankheiten, u.a. der Immunschwächekrankheit AIDS, sowohl in Regionen der USA, in denen entsprechende Programme betrieben wurden, als auch in Entwicklungsländern (). So hatte beispielsweise Uganda in den Jahren zuvor ein erfolgreiches Programm zur Aufklärung betrieben, in dem auch über Verhütung gesprochen wurde, mit dessen Hilfe die HIV-Neuansteckungsrate deutlich hatte gesenkt werden können. Konsequenz der Einstellung des Programms war, daß die Neuansteckungsrate binnen kurzem wieder auf das afrikanische Durchschnittsniveau anwuchs. Auch hatte die „Global gag rule“ nicht den von fundamentalistischen Christen propagierten Effekt, die Anzahl an Abtreibungen zu verringern. Tatsächlich wurden dort, wo keine medizinisch sicheren Abtreibungen mehr angeboten wurden, wesentlich mehr Abtreibungen in schlechten hygienischen Verhältnissen vorgenommen und dadurch viele Mütter zum Opfer von Infektionen. Auch in anderen Ländern hatte die „Global gag rule“ zur Folge, daß nicht nur Programme zur Familienplanung, sondern auch andere Gesundheitsprogramme und teilweise sogar Kliniken ihre Arbeit einstellen mußten (vgl. Klink 2006; „Myths and Realities: Debunking USAID’s Analysis of the Global Gag Rule“, abgerufen am 25.01.2009). Die jeweiligen Regierungen hätten sich natürlich auch weigern können, ihre Politik zu ändern. Durch die dann fehlenden Mittel wären allerdings die Gesundheitssysteme dieser Länder völlig zusammengebrochen.

Die „Global gag rule“ stellte also die Regierungen der bearbeiteten Drittwelt-Länder vor die sprichwörtliche „Wahl zwischen Pest und Cholera“ und erfüllte damit den Tatbestand einer Erpressung, die massenhaftes menschliches Leid verursachte. Allerdings ist es ebenso beschämend für die Weltgemeinschaft, daß kein anderes Land oder Organisation der Welt bereit war, die Finanzierungslücke zu decken.

2.3.13 Weitere Notizen

2.3.13.1 „Report München“ und das Cadmium im Weizen

In der Sendung am 18.08.2009 berichtete „Report München“ unter dem Titel „Die unterschätzte Gefahr – Schwermetall Cadmium in Getreide und Gemüse“ - allerdings auch ohne Zahlen zu nennen - über die möglichen Gesundheitsschäden, die durch den Konsum von mit Schwermetallen belasteten Lebensmitteln entstehen könnten. Dabei wurde etwa behauptet, „[d]ie Weizensorte 'Batis' [sei] nur halb so belastet mit Cadmium wie etwa die Sorte 'Campari'“ (vgl. Brendel et al. 2009).

Die Gefährlichkeit und die Ergebnisse sollen dabei nicht rundweg abgestritten werden, wohl aber muß die Methode, mit der man auf eine Aussage kommt, wohl eine gewisse Gültigkeit haben: Das genannte Ergebnis wurde aus einer Studie des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Serfling und Klose 2008) zitiert, wo tatsächlich aber der Arsen-Gehalt ausgewiesen ist. Arsen ist ebenfalls ungesund, hohe Konzentrationen können zu Blutarmut, verschiedenen Krebsarten und Herzkrankheiten führen (vgl. Serfling und Klose 2008, S.2f.), und an einigen Standorten bestehen auch hohe Korrelationen zwischen den Konzentrationen an verschiedenen Schwermetallen wie Arsen, Cadmium und Blei, bei einem Versuch in Ehrenfriedersdorf von r = 0.8 (an anderen Orten aber auch nicht!) (vgl. Serfling und Klose 2008, S.22). Zum anderen ist aber die nämliche Graphik anders normiert als von „Report München“ behauptet: Es mag sein, daß die Arsenaufnahme der Weizensorte „Campari“ in der Graphik (vgl. Serfling und Klose 2008, S.14) mit einem doppelt so langen Strich gekennzeichnet wurde als bei der Weizensorte „Batis“. Dies impliziert aber nicht einen doppelt so hohen Gehalt an Arsen. In Zahlen wird für die Sorte „Batis“ ein Arsengehalt von 0.66 mg/kg angegeben, für „Campari“ ein Wert von 0.8 mg/kg (vgl. Serfling und Klose 2008, S.13). Die Relation gilt allenfalls ungefähr für die geringst- und stärkstbelasteten Sorten „Schamane“ (0.6 mg/kg) und Solitär (1.04 mg/kg). Da ich bereits aufgezeigt hatte, daß auch Medienkritiker wie Bushman und Anderson mit suggestiven Graphiken arbeiten (siehe X.X), lag bei mir der Verdacht nahe, daß man sich dort von einer Graphik ein Ergebnis hatte suggerieren lassen, das in diesem Falle so in der zitierten Studie nicht dargestellt wurde.

Diese sind „glücklicherweise aber immer noch um – je nach der betrachteten Arsenverbindung – eine bis mehrere Größenordnungen entfernt von „akut toxischen“ Konzentrationen (vgl. Serfling und Klose 2008, S.3). Die Cadmium-Konzentrationen für die Versuchsorte sind nur an einer Stelle und nur für die Sommergerste-Sorten „Berras“ und „Braemer“ – also gerade nicht für Weizen -, und auch nur für die Gesamtpflanze angegeben (vgl. Serfling und Klose 2008, S.23), während die Werte für den Weizen auf das Korn bezogen sind (vgl. Serfling und Klose 2008, S.14), und nimmt Weizen Schwermetalle auch anders auf als Gerste (vgl. Serfling und Klose 2008, S.11), so daß auch die Arsen-Konzentrationen dann nur schwer in Relation zu den anderen Arsenwerten zu setzen sind. Womöglich wären, wenn es anders wäre, diese Pflanzen auch nicht genießbar (vgl. Wagelin 1996, S.43). Tatsächlich geht aber nur ein kleiner Teil des aufgenommen Arsens tatsächlich in das Korn über (vgl. Serfling und Klose 2008, S.13+24), wenngleich die Gesamtpflanzen (die ja ggf. als Tierfutter verwendet werden können) im Lauf ihres Lebens schon Arsen-Konzentrationen bis über den Grenzwert von 2 mg/kg Trockenmasse anreichern können (vgl. Serfling und Klose 2008, S.24)

Eine Korrelation zwischen Cadmium und Arsen sagt nun allerdings auch nichts über die Höhe der Cadmium-Konzentration in der Pflanze aus. Wird hier blauäugig von einer perfekten Korrelation ausgegangen und mögliche Unterschiede zwischen Gerste und Weizen außer Acht gelassen, würde sich folgendes Bild ergeben:

Für Gerste am Versuchsort Eilenburg wurde eine Arsen-Konzentration von 0.084 mg/kg im Korn festgestellt, im Vergleich zu 0.36 mg/kg der Gesamtpflanze. Die Cadmium-Konzentration wird für dieselbe Pflanze mit 0.25 mg/kg angegeben (nach Serfling und Klose 2008, S.23.f). Unter Abstraktion 1 (Perfekte Korrelation zwischen Arsen und Cadmium, gleiche Aufnahme) fänden sich dann 0.058 mg/kg Cadmium im Korn. Für den Weizen „Batis“ wird eine Arsen-Konzentration von 0.66 mg/kg im Korn angegeben (vgl. Serfling und Klose 2008, S.13), unter der zusätzlichen Abstraktion 2 (Gerste und Weizen seien vergleichbar) würden sich hier dann 0.455 mg/kg Cadmium im Korn finden, für „Campari“ bei 0.8 mg/kg Arsen im Korn 0.55 mg/kg Cadmium.

Was die Verwendung als Tierfutter angeht, läßt sich die letztendliche Konzentration von Cadmium im Fleisch ab einem Wert von etwa 0.4 mg/kg Futter auf etwa die Hälfte der Konzentration im Futter abschätzen (vgl. Vemmer und Petersen 1979, nach Schenkel 2009, S.4), wobei bestimmte Organe wie Leber und Niere mit 0.5-1.0 mg/kg (Grenzwert) eine um eine Größenordnung höhere Cadmiumkonzentrationen als das Fleisch von Rindern, Schweinen oder Geflügel (Grenzwert: 0.05 mg/kg) aufweisen können (vgl. Schenkel 2009, S.13).

Quellenangaben

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letzte Aktualisierung: 17.08.2009